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In einer Zeit der computerisierten Sprachschatzminimierung vorwiegend junger Menschen war das Philosophicum in Lech ein Lichtblick. Liest man den Beitrag dazu in der "Wiener Zeitung", dann wundert man sich schon ein wenig über eine verkomplizierte Verselbständigung der Jahrmarktteilnehmer der eitlen Formulierungskünstler und den Wettbewerb der sicherlich auch faszinierenden Ausdrucksakrobaten.
Es war sicher begrüßenswert, dass das Philosophicum "Gott und die Welt" zum Generalthema machte. Dieses Thema entspricht durchaus der gängigen, einschlägigen Mode, da Gott - und mit ihm die Religion - auch in den Mittelpunkt der jüngsten Sach- und Fachbücher rutschte. So ist es nur erfreulich, dass, im Schatten des friedlichen und noch mehr des kriegerischen Islam das Thema "Religion" auch die breite und nicht nur die "gebildete" Bevölkerungsschichten erreicht hat.
Doch zunächst die einfache Antwort auf eine komplizierte Frage: Wie soll das richtige Gottesbild außerhalb der konfessionellen Engen in unserer Zeit aussehen? Gott ist gerecht, aber nicht barmherzig. Dafür können Menschen nie wirklich gerecht sein, aber - wenn sie wollen - barmherzig. So einfach ist das.
Freikirchen boomen, Abschied von den Amtskirchen
Allerdings wichtiger als diese und ähnliche soziologische Simplifizierungen ist die Bedeutung der Religion für den Menschen. Das grundlegende Missverständnis, warum wir mit Religionen meist nur Inquisition und IS gleichsetzen, liegt in der unzulässigen Vermengung von Glauben, Religionen und Konfessionen.
Unter Glauben verstehen wir eine feste Überzeugung jenseits empirischer, nach Belieben wiederholbarer Wahrnehmungen.
Eng mit dem Glauben verbunden bieten die Religionen einen einfachen, individuell vorgezeichneten Rahmen, der nicht von außen bestimmt und vorgeschrieben ist, sondern den jeder für sich selber formen kann.
Die Konfessionen sind politisch-ideologisch-theologisch festgelegte kollektive Aussagen, deren Nichtbefolgung nach Möglichkeit sanktioniert wird.
Während auch in Österreich die meist christlichen Freikirchen boomen, verabschieden sich immer mehr Menschen von den sogenannten Amtskirchen, da die ermöglichte und sogar propagierte Freiheit auch im religiösen Leben Einzug gehalten hat.
Peter Stiegnitz
ist Religionssoziologe. Sein jüngstes Buch "Lebendige Religionen - Renaissance des Glaubens" erschien im Verlag Bibliothek der Provinz (Weitra).