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Autobomben im Herzen Londons, ein brennender Jeep, der in den Flughafen Glasgow rast und als Täter - Ärzte. Die Polizei tappt in vielen Punkten noch im Dunkeln, doch steht mittlerweile fest, dass alle mutmaßlichen Täter aus dem arabischen Raum stammen und alle acht Verdächtigen einen Bezug zum britischen staatlichen Gesundheitswesen haben.
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Der Kopf der Terrorzelle soll sogar eine wahre Kapazität in seinem Fachbereich sein. Der Palästinenser Mohammed Asha ist Neurochirurg an der Universität North Staffordshire und wird als "fachlich brillant" beschrieben.
Dass Anschläge von Personen aus dem arabischen Raum geplant und durchgeführt werden, ist an sich nichts Neues. Dass es sich bei den Tätern um Studierte handelt, die offenbar aus Mittelklasse-Familien stammen, war für einige Medien der Anlass, von einer "neuen Qualität des Terrors" zu sprechen.
Davon kann keine Rede sein. Schließlich ist Osama bin Laden selbst Spross einer schwerreichen Familie. Der Al-Kaida-Gründer soll ein Erbe von 300 Millionen Dollar (221 Millionen Euro) zur Verfügung gehabt haben, um sein weltweites Netz aufzubauen. Und Mohammed Atta, der am 11. September 2001 einen Flieger in das World Trade Center lenkte, war Student der Raumplanung und damit ebenfalls dem Stand der Gebildeten zugehörig.
Die These, dass die Al Kaida zuletzt vor allem unter den Armen und Unterdrückten rekrutiert, ist nicht aufrecht zu erhalten.
Verstörend ist für viele Briten, dass sich jetzt genau die, die eigentlich dazu berufen sind, Leben zu retten, als potentielle Todesengel erwiesen haben. Dass die, denen man das kostbare Gut der eigenen Gesundheit anvertraut, planmäßig und blind vor Hass daran gehen, Leben im großen Umfang auslöschen zu wollen. Das ist der Stoff, aus dem Horrorfilme gemacht sind.
Dabei taucht natürlich die Frage auf, ob Terroristen tatsächlich das britische Gesundheitswesen - oder jenes in anderen europäischen Ländern - unterwandert haben. Schließlich sprechen Zeitungen wie die "Financial Times" von der Existenz eines wahren ärztlichen Verschwörer-Netzwerks.
Tatsache ist, dass Großbritannien seit Jahren mit einem massiven Ärztemangel zu kämpfen hat. Die Ärzteschaft schlägt regelmäßig Alarm, weil Ausbildungsplätze fehlen. Von den insgesamt 240.000 britischen Ärzten haben knapp die Hälfte im Ausland studiert, 6000 davon in Ländern des Nahen Ostens.
Und fast alle moslemischen Gastärzte haben in den britischen Spitälern solide Arbeit geleistet, nichts verbrochen, vielmehr sichergestellt, dass die Krankenanstalten über die Runden kommen. Sie wurden dankbar aufgenommen und von den Behörden kaum überprüft - was sich jetzt mit Sicherheit ändern wird. Den Terrorismus dämmt das aber nicht ein.