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Götterdämmerung für Berlusconi nach der Wahlschlappe in Mailand

Von Rainer Mayerhofer

Analysen

Ausgerechnet in seiner Hochburg Mailand, wo seine Karriere als Unternehmer begonnen hat und auch seine politische Laufbahn, erlebt Silvio Berlusconi jetzt seine schwerste Schlappe: Die von ihm unterstützte Bürgermeisterin Letizia Moratti muss als erste Kandidatin aus dem rechten Lager seit Berlusconis Eintritt in die Politik in eine Stichwahl. Und mit ihren 41,58 Prozent im ersten Wahlgang liegt sie ganz deutlich hinter ihrem Herausforderer aus dem linken Lager, Giuliano Pisapia, der mit 48,04 Prozent klarer Favorit ist.


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In Arcore, wo Berlusconi in seiner Luxusvilla seine berühmten Feste feierte, die offensichtlich zum Vertrauensschwund beigetragen haben, zeigt sich die gleiche Tendenz. Auch dort muss Berlusconis Kandidat in zwei Wochen mit dem Verlust des Bürgermeisteramts rechnen.

Berlusconi, der die Mailänder Wahl zu einem Vertrauenstest für sich und seine Regierung hochstilisiert hat und als Listenführer angetreten ist, hat diesmal bloß 28.000 Vorzugsstimmen einfahren können - gegenüber 53.000 vor fünf Jahren.

Und jetzt könnte ihm auch noch sein bisher treuester Verbündeter abhanden kommen. Mit Umberto Bossi, seinem Koalitionspartner von der Lega Nord, habe Berlusconi noch in der Wahlnacht ein sehr unterkühltes Telefongespräch geführt, vermelden Italiens Medien. Berlusconi wirft der Lega vor, sich nicht ausreichend für Moratti eingesetzt zu haben. In Lega-Kreisen wiederum geht man zunehmend auf Distanz zum Regierungschef, dessen Eskapaden man dafür verantwortlich macht, dass auch die Lega bei den Wahlen abgestraft wurde und deutlich weniger Stimmen als beim letzten Mal bekommen hat.

Die Demokratische Partei sieht sich durch die Ergebnisse in Mailand sowie in ihren Hochburgen Turin und Bologna, wo ihre Kandidaten auf Anhieb zum Bürgermeister gewählt wurden, gestärkt. Von einem neuen Wind im Norden, wo die PD in den vergangenen Jahren einen schweren Stand hatte, ist die Rede.

Neben dem Mailänder Wahlergebnis sorgte jenes von Neapel, der drittgrößten Stadt des Landes, am Dienstag für heftige Diskussionen. Berlusconis Kandidat Gianni Lettieri liegt dort mit 38,53 Prozent zwar auf Platz eins, und der PD-Kandidat Mario Morcone, der Präfekt der Hafenstadt, der nach einem missglückten Vorwahlrennen im letzten Moment aus dem Hut gezogen worden war, verfehlte mit nur 19,15 Prozent sogar den Einzug in die Stichwahl. Dort wird der Kandidat der linken Oppositionsgruppe "Italien der Werte" (IdV), Luigi de Magistris, antreten, der auf 27,5 Prozent der Stimmen kam - rund zehn Prozent mehr als das Parteibündnis, das ihn unterstützte.

Das Rechtslager versucht jetzt, sowohl Pisapia als auch De Magistris ins linksextreme Eck zu stellen, um ihre Anhänger bei den Stichwahlen zum Urnengang zu mobilisieren. Ob diese Rechnung aber aufgehen wird, ist offen. Wenn nicht, werden die Zeiten für Berlusconi sehr schwierig werden.

Siehe auch:'Rotes Wunder' in Mailand