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Silvio Berlusconi und Umberto Bossi stehen parteiintern unter starkem Druck.
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Rom. Nach Regierungschef Silvio Berlusconi gerät auch sein Koalitionspartner, der Chef der Lega Nord, Umberto Bossi, parteiintern unter zunehmenden Druck. Die Einsetzung eines neuen regionalen Parteisekretärs in Varese, einer Hochburg der Lega Nord, geriet am Wochenende bei einem Parteikongress zum Eklat. Bossi drückte seinen Kandidaten Maurilio Canton ohne Abstimmung durch, nachdem zwei andere Kandidaten zuvor zum Rückzug gezwungen worden waren. Die Parteibasis reagierte mit Pfiffen und Handgreiflichkeiten konnten nur mit Mühe unterbunden werden.
Seit dem schlechten Abschneiden der Lega Nord bei den Kommunalwahlen vom Mai dieses Jahres mehrt sich die Kritik an dem seit einem Schlaganfall vor sieben Jahren gesundheitlich schwer angeschlagenen Parteichef, der vor Kurzem 70 Jahre alt geworden ist. Die Lega-Nord-Basis wirft Bossi undemokratisches Verhalten vor. Er begünstige seine engsten Freunde, fördere das Entstehen von parteiinternen Lobbys und würge demokratische Diskussionen in der Partei ab, lauten die Vorwürfe. Die Parteibasis versteht auch immer weniger, warum Bossi dem Regierungschef immer wieder die Mauer macht, wenngleich Bossi in den letzten Tagen schon mal durchklingen ließ, dass er vorgezogene Neuwahlen durchaus begrüßen würde.
Dagegen verwehrt sich aber sein Koalitionspartner, Premierminister Silvio Berlusconi vehement. Dabei sieht sich Berlusconi neuerlich ebenso wie Bossi heftiger parteiinterner Kritik ausgesetzt. Italienische Medien berichten seit Tagen von wachsender Unzufriedenheit innerhalb des Berlusconi-Blocks mit der Amtsführung des Regierungschefs. So wurden in den letzten Tagen Rufe laut, welche die Bildung einer neuen Mitte-Rechts-Regierung fordern, die sich auf eine breite Mehrheit stützen kann. Sie sollte von einem neuen Premier geführt werden und auch die Fraktion "Zukunft und Freiheit in Italien" (FLI) von Kammerpräsident Gianfranco Fini umfassen, die sich im Vorjahr von Berlusconis Partei abgespalten hat, sowie eventuell die Christdemokraten (UDC) des früheren Kammerpräsidenten Pier Ferdinando Casini. Alarmierend für Berlusconi muss die Tatsache sein, dass zwei seiner früheren engsten Mitarbeiter, die Ex-Innenminister Minister Claudio Scajola und Giuseppe Pisanu, an der Spitze der Kritiker stehen.
Dazu kam am Dienstag eine herbe Niederlage im Parlament: Der Koalition fehlte bei der Abstimmung über Artikel 1 des Rechenschaftsberichts für das Jahr 2010 genau eine Stimme. Berlusconis Kabinett könnte jetzt gezwungen werden, die Vertrauensfrage zu stellen, um den Rechenschaftsbericht durchzubringen - und das könnte bitter werden.