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Graben zwischen Jung und Alt: Ägyptens Volk geht getrennte Wege

Von Salma Hassan Imara und Gerhard Lechner

Politik

Ältere glauben Mubarak: "Er soll in Würde abtreten." | Jugend fordert sofortigen Rücktritt des Präsidenten. | Kairo/Wien. Karima Gohar ist über die ägyptische Armee erbost: "Eigentlich haben die Streitkräfte nur so getan, als würden sie die Proteste unterstützen", sagt die Ägypterin der "Wiener Zeitung" am Telefon. "In Wirklichkeit stehen sie weiterhin an der Seite von Präsident Hosni Mubarak."


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Die 65-Jährige, die in Kairo wohnt, ist zwischen Sympathie für die Demonstranten und ihrer Sorge um das Schicksal des Landes zerrissen: "Nach der Rede des Präsidenten kann man jetzt einen geordneten Übergang ermöglichen. Mubarak soll würdevoll abtreten können. Die paar Monate Zeit kann man ihm nun wirklich geben", meint Karima Gohar, die darauf verweist, dass vielen Jungen die Erfahrung fehle, um die Amtszeit des Präsidenten wirklich beurteilen zu können. "Die Leute hier gehen getrennte Wege", meint sie über den sich immer stärker auftuenden Graben zwischen den Generationen in Ägypten. "Die Rede vom Dienstag teilt unsere Bevölkerung in zwei Hälften."

"Gefahr von Raub und Korruption zu hoch"

Einer, der immer schon gegen den Präsidenten war, ist der 39-jährige Amr. "Wir können Mubarak nicht mehr vertrauen. Zu hoch ist die Gefahr, dass er und sein korruptes Regime einfach so weitermachen wie bisher", sagt der Mann aus Kairo. Der Präsident raube das Geld des Landes und habe sich bei den Menschen extrem unbeliebt gemacht. "Wir beobachten die jetzige Lage mit Vorsicht. Mubarak spielt sein Spiel und schickt seine paar loyalen Anhängertrupps vor, um zu zeigen, dass er auch noch da ist und Unterstützer hat. Das war eine gezielte Aktion des Präsidenten", so Amr über die jüngsten Ausschreitungen am Tahrir-Platz. Jetzt nachzulassen, könnte für Mubarak nur eine willkommene Gelegenheit sein, sein Wort zu brechen und an der Macht zu bleiben.

Die Wut vieler Ägypter auf den Diktator ist grenzenlos: "Egal ob Du gehst oder bleibst - das Blut meines Bruders klebt immer noch an Deinen Händen", hält ein Demonstrant, dessen Bruder gefoltert wurde, ein Plakat in die TV-Kameras. Die Plünderungen gingen zuletzt zurück, viele Täter stellen sich freiwillig der Polizei. "Aber noch immer verbringen unzählige Menschen die Nacht auf den Dächern oder vor den Toren ihrer Häuser, um ihre Anwesen vor marodierenden Banden zu schützen", sagt Amr.