Kritiker verlangen Rücktritt von Darabos. | Wien. Der Ton in der Debatte um die Wehrpflicht wird erbittert: Verteidigungsminister Norbert Darabos (S) sieht sich bei seinen Plänen einer Abschaffung der Wehrpflicht mit immer mehr Kritikern - auch aus den eigenen Reihen - konfrontiert.
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Diesen begegnete der Minister am Wochenende in ungewöhnlich scharfer Manier und drohte sogar mit "personellen Konsequenzen". Generalstabschef Edmund Entacher hatte sich im aktuellen "profil" zum wiederholten Male für die Beibehaltung der Wehrpflicht ausgesprochen. "Wir haben schon jetzt ein Mischsystem aus Berufsheer, Wehrpflichtigen und Milizsoldaten, mit dem wir bisher alle an uns gestellten Aufgaben gut bewältigen konnten", so Entacher. "Warum soll ich ein neues System einführen, das voller Risiken steckt und bei dem es kein Zurück mehr gibt? Kein vernünftiger Mensch würde das tun."
Dem Verteidigungsminister platzte daraufhin offenbar der Kragen: "Wer nicht bereit ist, mit mir gemeinsam das Bundesheer in eine neue Zukunft zu führen, der muss wissen, dass ich nicht vor personellen Konsequenzen zurückschrecken werde", betonte er am Sonntag in Zeitungen. Er sei fest entschlossen, das Heer zu reformieren und die Wehrpflicht abzuschaffen. "Wer nicht mitzieht, wird mit Konsequenzen zu rechnen haben. Ich lasse mir von niemandem, auch nicht vom Generalstabschef, Steine in den Weg legen."
Mit diesen Aussagen erzeugte Darabos einigen Wirbel: ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger verlangte einen "Ordnungsruf" von Bundespräsident Heinz Fischer. Die Bundesheergewerkschaft unter ihrem Vorsitzenden Wilhelm Waldner kommentierte die Entwicklung der Debatte "entsetzt" und verlangte von Darabos "Besonnenheit". Entacher selbst wollte die Sache am Sonntag gegenüber der APA nicht kommentieren.
Zu Wort gemeldet haben sich dagegen Eduard Paulus, Präsident der Österreichischen Offiziersgesellschaft, und Michael Schaffer, Präsident der Bundesvereinigung der Milizverbände, die den Minister gemeinsam mit der Unteroffiziersgesellschaft zum Rücktritt aufforderten. Dass der Minister Ressort-Angehörigen, die nicht seiner Meinung sind, mit personellen Konsequenzen drohe, sei "undemokratisch, verfassungswidrig und geradezu stalinistisch", Darabos sei "in einer Demokratie untragbar geworden". "Ich lasse mich in meinem Reformvorhaben von Beharrungskräften und Besitzstandsbewahrern wie den Herren Paulus und Schaffer nicht beirren", konterte Darabos.
Die FPÖ stimmte in die Rücktrittsrufe ein, die Grünen forderten eine sofortige Einberufung des Landesverteidigungsausschusses. Aber auch parteiintern mehren sich die Kritiker an Darabos' Plänen: Nach Wehrsprecher Stefan Prähauser äußerte nun auch Anton Gaal, Vorsitzender der Bundesheerkommission und Chef der SPÖ Favoriten, seinen Unmut. "Was jetzt passiert, ist politischer Dilettantismus." Gaal glaubt nicht, dass ein Berufsheer gleich viel kosten würde wie das jetzige. Persönlich plädiert er für die Beibehaltung der Wehrpflicht.
Auch in Sachen Zivildienst-Ersatz gibt es in der SPÖ Ausreißer: In einer am Sonntag präsentierten Umfrage des Gemeindevertreterverbandes der niederösterreichischen SPÖ unter fast 1.300 Gemeindemandataren hat sich die Mehrheit zwar für die Abschaffung der Wehrpflicht ausgesprochen, gleichzeitig treten aber rund 74 Prozent entgegen der Linie der Bundespartei für einen verpflichtenden Sozialdienst von vier bis acht Monaten ein. Rund 68 Prozent wollen, dass der Dienst von Männern und Frauen geleistet wird.
BZÖ-Chef Josef Bucher bekräftigte die Position seiner Partei gegen die Wehrpflicht. Der Zivildienst solle eine freiwillige Bürgerhilfe werden - für manche soll diese allerdings zum Zwang werden: Jene, die länger als ein Jahr arbeitslos sind, sollen zur Bürgerhilfe verpflichtet werden.
Koalitionsintern soll das Thema Bundesheer jedenfalls nicht nur zwischen den beiden "Spiegelministern" Darabos und Michael Spindelegger (V) verhandelt werden, auch Innenministerin Maria Fekter (V) und Staatssekretär Josef Ostermayer (S) werden als Koalitionskoordinatoren dabei sein, kündigte letzterer an. Ein Zeitplan war vorerst nicht zu erfahren, die Causa stehe aber ganz oben auf der Agenda, hieß es aus Ostermayers Büro.