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Grasser muss vor Gericht

Von Katharina Schmidt

Politik

Buwog-Anklage wurde in wesentlichen Punkten bestätigt, ein Zeitplan steht noch nicht fest - es gibt weitere Hürden.


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Wien. Die Häme auf den sozialen Medien war ihm sicher. "Höchste Zeit" war noch die netteste Reaktion, die am Donnerstag über den Äther lief, nachdem bekannt geworden war, dass die Anklage gegen Karl-Heinz Grasser rechtskräftig geworden ist. Nun muss sich der ehemalige Finanzminister tatsächlich im Zusammenhang mit dem Verkauf der Bundeswohnungen 2004 und der Einmietung der Finanz in den Linzer Terminal Tower 2006 am Wiener Straflandesgericht verantworten. Denn wie das Oberlandesgericht Wien am Donnerstagvormittag bekannt gegeben hat, ist die mehr als 800 Seiten umfassende Anklageschrift in den wichtigsten Punkten rechtskräftig geworden.

Im vergangenen Sommer hatte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Anklage gegen Grasser und 15 weitere Personen, darunter einen ehemaligen Kabinettsmitarbeiter Grassers, die Ex-Lobbyisten Walter Meischberger und Peter Hochegger, den Immobilienmakler Ernst Plech und Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics, erhoben. Die Vorwürfe lauteten auf Bestechung, Geschenkannahme durch einen Amtsträger, Untreue und Bestimmung dazu beziehungsweise Beteiligung daran. Kurz zusammengefasst geht es darum, dass im Bieterverfahren rund um den Verkauf der Bundeswohnungen der Bestbieter CA Immo in letzter Minute dem "Österreich Konsortium" rund um die Immofinanz unterlag. Das Konsortium hatte sein vorheriges Offert nachgebessert und mit 961,3 Millionen Euro nur knapp mehr geboten als die CA Immo (960 Millionen). Der entscheidende Tipp soll von Hochegger über Meischberger gekommen sein. Die Provisionszahlung der Immofinanz in der Höhe von 9,61 Millionen Euro (ein Prozent des Verkaufspreises) floss über Zypern nach Liechtenstein, wo sie auf drei Konten verteilt wurde.

Wem gehört "Walter"?

Eines dieser Konten - "Walter" - konnte bis heute niemandem zugeordnet werden, die anderen beiden wurden Meischberger und Plech zugeschrieben. Auch im Fall Terminal Tower geht es um Provisionen: 200.000 Euro sollen von Meischberger über Hochegger nach Liechtenstein geflossen sein.

Den Anklageeinsprüchen der Beschuldigten ist das OLG in Teilen gefolgt. Zum Beispiel wird ein Teil des Verfahrens eingestellt. Dabei geht es um die Vergabe an das den Verkaufsprozess begleitende Investmenthaus im Jahr 2002. Eigentlich war die CA IB erstgereiht, doch wurde der Auftrag an den alternativen Bieter Lehman Brothers vergeben. Hier soll der Republik ein Schaden von 3,7 Millionen entstanden sein, das OLG kam aber zu dem Schluss, dass "die Dringlichkeit des Verdachts und das Gewicht der zur Last gelegten Taten trotz hinreichend geklärten Sachverhalts nicht ausreichten, um eine Verurteilung für möglich zu halten". Und da eine Anklage laut Gesetz nur bei Verurteilungswahrscheinlichkeit erhoben werden darf, wird das Verfahren in diesem Punkt eingestellt. Das bedeutet auch, dass die Zahl der ursprünglich Angeklagten von 16 auf 15 schrumpft, weil ein ehemaliger Kabinettsmitarbeiter Grassers nur dazu angeklagt war.

Weitere Ermittlungen?

In einem weiteren Punkt wurde die Anklage zurückgewiesen: Dabei geht es um die Frage nach der unterlassenen Erlösmaximierung durch den Verkauf der Bundeswohnungen. Die WKStA warf Grasser vor, durch den Zuschlag für alle vier Wohnbaugesellschaften an das "Österreich Konsortium" auf Erlöse verzichtet zu haben, die insbesondere dadurch erzielbar gewesen wären, wenn er die Gesellschaften einzeln an den jeweiligen Bestbieter veräußert hätte. Dieser Sachverhalt ist laut OLG "noch nicht so weit geklärt, dass derzeit eine Verurteilung nahe liegt", das Ermittlungsverfahren ist also wieder eröffnet. Aus der WKStA heißt es dazu, man werde gegebenenfalls weiter ermitteln. Es bestehe auch die Möglichkeit, von der weiteren Strafverfolgung zurückzutreten, wenn diese aufgrund der anderen zur Last gelegten Straftaten wahrscheinlich keinen Einfluss auf die Höhe des Strafrahmens habe.

14 Angeklagte übrig

Die Hauptanklagepunkte gegen Grasser und seine verbleibenden 13 Mitangeklagten - einem Vermögensberater, der sich in Aserbaidschan aufhalten soll, konnte die Anklageschrift nicht zugestellt werden - sind nun aber tatsächlich rechtskräftig. Ob sich ein Prozess bis zum achten Jahrestag des Ermittlungsstarts im Oktober ausgehen wird, ist unklar. Denn zunächst muss sich die zuständige Richterin in den umfangreichen Akt einlesen. Die Richterin wird das Verfahren aber vermutlich abtreten, da gegen Karl Petrikovics noch ein anderes Verfahren bei einer anderen Richterin offen ist. "Aufgrund der subjektiven Konnektivität ist davon auszugehen, dass diese Verfahren zusammengeführt werden", sagt Gerichtssprecherin Christina Salzborn. Eventuell ist es auch praktikabel, Teile des Verfahrens auszuscheiden - so wie einst Michael Tolstiuk die Telekom-Verfahren auseinanderdividiert hat. Und schließlich könnte es einzelne Angeklagte geben, die mit Verhandlungsunfähigkeit argumentieren (wie zuletzt Petrikovics).

Grassers Anwalt Manfred Ainedter ist jedenfalls zuversichtlich, dass für seinen Mandanten alles gut ausgeht: "Ich zweifle nicht, dass bei Gericht ein Freispruch herauskommen wird."