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Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat das Angebot der ÖVP angenommen: Er will auch einer "Regierung Schüssel II" zur Verfügung stehen. Seine Mitgliedschaft in der FPÖ hat er für diese Zeit "ruhend gestellt".
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Am meisten verwunderte, dass sich Karl-Heinz Grasser verwundert zeigte. Er habe nicht erwartet, dass so viele JournalistInnen zu der Pressekonferenz ins Finanzministerium kommen würden. Dabei war der Entscheidung, ob Grasser auch einer künftigen ÖVP-Regierung als Finanzminister angehören würde, reges Medieninteresse vorangegangen.
Er habe sich entschlossen, das Angebot Schüssels anzunehmen, erklärte der Finanzminister. "Wenn die Republik ruft, kann man nicht nein sagen", war die eine Begründung. Die andere Motivation sei Furcht gewesen - vor Rot-Grün, das es zu verhindern gelte. Und außerdem müsse der Reformweg, auf dem sich Österreich befinde, fortgesetzt werden.
Ein Beitritt zur ÖVP komme für ihn nicht in Frage, stellte Grasser klar. Stattdessen habe er in einem "konstruktiven Telefonat" mit FPÖ-Obmann Herbert Haupt vorgeschlagen, seine Mitgliedschaft bei den Freiheitlichen "ruhend zu stellen". In welcher Koalition er nach den Wahlen am ehesten das Amt des Finanzministers übernehmen könnte, ließ Grasser offen. Unter einem Bundeskanzler Alfred Gusenbauer werde es aber wohl nicht sein.
SPÖ-Vorsitzender Gusenbauer schließt eine Zusammenarbeit mit Grasser mittlerweile nicht mehr "absolut" aus: Es liege an der ÖVP, sich ihre Leute auszusuchen. Für den Wiener Bürgermeister Michael Häupl wiederum ist eine Kooperation nicht denkbar.
Zu Gesprächen mit jedem bereit zeigte sich indes abermals ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel. Zufrieden äußerte er sich über die Entscheidung Grassers: "Ich freue mich über diese positive Antwort."
Weit weniger Freude herrschte in der FPÖ. Haupt kommentierte: "Die Zeichen der Zeit stehen auf eine Renaissance von Schwarz-Rot." Er bedaure, dass Grasser das "sichere Ticket" als FPÖ-Finanzminister abgelehnt habe. Schärfere Worte fanden die Landesorganisationen in Kärnten und Salzburg: Sie warfen Grasser "Verrat" und "Charaktermangel" vor.
Von "massivem Schaden", den Grasser der FPÖ zum zweiten Mal zugefügt habe, sprach Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider. Der Finanzminister selbst will davon allerdings nichts wissen.