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Grassers Diskretion

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Die Stiftungen in Liechtenstein seien gegründet worden, um Diskretion wahren zu können, sagte Karl-Heinz Grasser beim Zivilprozess gegen seinen ehemaligen Steuerberater. Seine Einkünfte bei Meinl seien dorthin geflossen. Etwas mehr als ein Jahr war er für Meinl Power tätig, von Sommer 2007 bis Herbst 2008. Neun Millionen Euro hat er dafür kassiert, ein fürstliches Honorar. Nun war Grasser bis 2006 Finanzminister und musste eigentlich wissen, dass eine österreichische Stiftung, gepaart mit Bank- und Steuergeheimnis, ausreichend Diskretion bietet. Noch im Oktober 2006 verteidigte Grasser als Noch-Minister das österreichische Stiftungsrecht. Im Sommer 2007 war alles anders. Außerdem habe er sich gar nicht so gut ausgekannt, sagt Grasser im Oktober 2014.

Das passe nicht wirklich gut zusammen, meint auch die Staatsanwaltschaft. Sie will Grasser wegen Abgabenbetrugs anklagen, und zwar seit Anfang August. Passiert ist das noch nicht, der Akt befindet sich auf der langen Reise zum Ministerbüro und wieder zurück. Denn Grasser ist glamourös, zweifellos. Der Justizminister muss über die Anklage entscheiden oder der von ihm angekündigte Weisenrat.

Nun ist es niemandem zuzumuten, sehr lange auf eine Justizentscheidung warten zu müssen, auch Grasser nicht. Seltsam ist allerdings, dass Grasser selbst das Verfahren hinausgezögert hat, unter anderem mit Rechtsmitteln gegen die Weitergabe seiner Unterlagen aus Liechtenstein. Wenn er alles korrekt versteuert hat, sollte ihm doch daran gelegen sein, das Verfahren zu beschleunigen.

Etwas mulmig scheint ihm allerdings schon zu sein, denn nun soll ja sein Steuerberater Beratungsfehler gemacht haben. Der Streitwert in diesem Zivilprozess liegt bei 2,4 Millionen Euro, die Prozesskosten orientieren sich danach. Jeder Verhandlungstag ist sauteuer, ein weiteres Indiz dafür, dass Grasser Fehler anderen zuweisen möchte. Denn die Finanzbehörde meint, Grasser habe 4,95 Millionen Euro an Steuern hinterzogen, es droht eine Strafe in dreifacher Höhe, eventuell sogar eine Haftstrafe.

Grasser setzt mit dem teuren Prozess gegen den damals steuerberatenden Deloitte-Mitarbeiter alles auf eine Karte. Wenn er diesen Prozess verliert, steht er im Falle einer Anklage ganz allein in der Auslage. Als Minister mochte er das, nun dürfte er darauf verzichten wollen.