Den von ihm schon im Oktober angekündigten "Paradigmenwechsel" wird Finanzminister Karl-Heinz Grasser heute dem Nationalrat in seiner Budgetrede über den Bundeshaushalt für das Jahr 2002 präsentieren: Das Ende der Neuverschuldung wird damit festgeschrieben. Zwar wird der Bund immer noch frisches Geld im Wert von 11,4 Mrd. Schilling (829 Mill. Euro) aufnehmen müssen, die Länder haben sich aber zu einem Überschuss von 23 Mrd. Schilling verpflichtet, sodass das Maastricht-Defizit aller öffentlichen Haushalte auf null kommt.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 23 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Das erste Budget, das ausschließlich in Euro erstellt wurde, legt Grasser heute den 183 Abgeordneten des Hohen Hauses vor. Die Regierung hat die Eckdaten dafür bereits am 17. Oktober 2000 gemeinsam mit dem Bundesvoranschlag 2001 beschlossen, der Nationalrat wird vom Finanzminister erst heute in die Details über das Wie dieses Nullsummenspiels eingeweiht. Geplanten Einnahmen von 57,5 Mrd. Euro (791,22 Mrd. Schilling) stehen Ausgaben von 58,3 Mrd. Euro (802 Mrd. Schilling) gegenüber. Das ergibt ein Defizit von 829 Mill. Euro (11,4 Mrd. Schilling) - gemessen am BIP 0,4 Prozent -, wobei das Maastricht-Defizit, in dem Einmalerlöse und Auflösungen aus Rücklagen nicht angerechnet werden, noch darüber liegt. Gemeinsam allerdings mit den Ländern, Gemeinden und der Sozialversicherung wird das Maastricht-Defizit doch auf null gebracht.
FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler sprach im Vorfeld der heutigen Präsentation von einem "großen Wurf". ÖVP-Klubobmann Andreas Khol sieht Österreich mit dem Budgetentwurf 2002 als Aufsteiger in die europäische Spitzenklasse, was die wirtschaftliche Leistungskraft betrifft.
Die Schwerpunkte hat der Finanzminister auf Infrastruktur, Forschung und Ausbildung gelegt: "Das ist absolut ein Zukunftsprogramm".
Zu Grunde gelegt haben die Experten im Finanzministerium ihren Berechnungen ein reales Wirtschaftswachstum im Jahr 2002 von 2,8 Prozent. Damit haben sie sich auf die Dezember-Prognose des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) für 2002 verlassen. Für die Euro-Zone liegen die BIP-Wachstumsprognosen für 2002 zwischen 2,5 und 3,5 Prozent. Ob das Null-Defizit letztendlich erreicht werden kann, hängt laut Markus Marterbauer vom Wifo von der tatsächlichen Entwicklung des BIP und den damit verbundenen Steuereinnahmen ab. Allerdings verweist er gegenüber der "Wiener Zeitung" darauf, dass die Steuererhöhungen erst zu greifen beginnen. Grasser wird also noch mehr Einnahmen über seine Finanzämter lukrieren können.
Nach dem für Grasser und Staatssekretär Alfred Finz so erfreulich gelaufenen Budgetvollzug 2000, der entgegen den Erwartungen nicht mit einem Defizit von 54 Mrd. sondern voraussichtlich mit nur 32,5 Mrd. Schilling abschließen wird, ist die Ausgangsposition weiter verbessert. Allerdings hat sich das Wirtschaftswachstum im Jahr 2000 besser gestaltet, als 1999 prognostiziert, die niedrigen Zinsen und der niedrige Euro-Kurs hätten ein Übriges beigetragen, erklärt Marterbauer. Auch auf der Ausgabenseite hat sich der Rückgang der Arbeitslosigkeit kräftig ausgewirkt.