Am Donnerstag stand Finanzminister Karl-Heinz Grasser im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen im Nationalrat. An seiner Weigerung, im Rahmen der Aktuellen Stunde erneut Auskunft über seine Causa zu geben, entzündete sich ein hitziger Schlagabtausch: Die rot-grüne Opposition sprach von einem "Skandal", Nationalratspräsident Andreas Khol von einem "Schauspiel" der beteiligten Personen. Für eine Rüge Grassers sah er keine Grundlage in der Geschäftsführung.
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Grasser verweigerte inhaltliche Auskünfte zu seiner Homepage sowie zur Gebarung des "Verein zur Förderung der New Economy" und verwies lediglich auf seine Äußerungen in der Vergangenheit.
Angefangen hatte die Sache mit dem üblichen parlamentarischen Geplänkel: SP-Wirtschaftssprecher Hans Moser wollte von Grasser einmal mehr wissen, wann er von der Gründung des Homepage-Vereins durch "engste" Mitarbeiter erfahren habe. Parteifreund Kai-Jan Krainer begehrte Auskunft über angebliche Geldflüsse zwischen dem Verein und Grassers Sozialfonds. In beiden Fällen verwies der Finanzminister auf seine bisher getätigten Aussagen. Die Opposition wertete dies als Bruch der Geschäftsordnung und beantragte eine Sitzungsunterbrechung. Eine Beruhigung der erhitzten Gemüter brachte aber auch diese nicht.
In der Sache selbst stellte Khol keine Verletzung der Geschäftsordnung fest, stattdessen aber ein "Schauspiel" der beteiligten Personen. Gegenüber der "Wiener Zeitung" erklärte er, warum er Grasser keine Rüge erteilte: Dieser könne die Antwort verweigern, wenn sich die Frage nicht auf seine Vollziehung beziehe. Grasser habe das Recht, seine Antwort so zu formulieren, wie er es für richtig halte. Angesichts der Aufregung wollte Khol aber die Abgeordneten nicht aus der Pflicht entlassen: "Für die Würde des Hohen Hauses sind wir alle verantwortlich."
Zu einem parlamentarischen Nachspiel könnten noch die zahlreichen Zwischenrufe von den Abgeordnetenbänken führen: Er werde das Protokoll der Sitzung genau studieren und - wenn notwendig - im Nachhinein Ordnungsrufe verteilen.
Der Finanzminister selbst sah sich nach der Unterbrechung in seiner Linie bestätigt. Was die angebliche Überweisung zwischen Verein und Sozialfonds betrifft, berief er sich nun darauf, dass dies nicht in die Vollziehung des Ministers falle. Ähnlich fiel die Antwort auf die Frage von SP-Rechnungshofsprecher Günther Kräuter, ob die Homepage durch einen Ministerium-Mitarbeiter "auf Steuerzahler-Kosten" betreut werde, aus. Der Verein sei "privat", daher enthalte er sich einer Antwort.
SPÖ und Grüne reagierten jedenfalls empört. Grasser habe auch Antworten verweigert, die sehr wohl in die Vollziehung fallen würden, sagte SP-Klubchef Josef Cap. Außerdem habe er Abgeordnete "beleidigt". Die "offenen Fragen" will er nun mittels Dringlicher Anfrage klären. Diese wurde aber von der ÖVP verhindert: Sie hat kurzfristig eine Befragung von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer zum Thema Universitätsreform angesetzt.
Grünen-Chef Alexander Van der Bellen bezeichnete Grassers Vorstellung als "Witz" und eine "Provokation der Abgeordneten". Diese hätten ein "Recht auf Antworten". Es sei schlichtweg "unzulässig", wenn Grasser klare Fragen nicht beantworte. Die Grünen kündigten auch einen neuerlichen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungs-Ausschusses an. Aussicht auf Erfolg hatte dieser jedoch nicht.