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Graue Eminenz im Hintergrund

Von Jean-Michel Stoullig

Politik

Washington - Er hat beim Irak-Krieg keine Kommandobefugnisse und hält sich betont im Hintergrund. Der Einfluss von US-Generalstabschef Richard Myers ist jedoch nicht zu unterschätzen. Der 61 Jahre alte ranghöchste General der USA ist nicht nur der militärische Berater von George W. Bush, sondern gilt auch als enger Vertrauter des Präsidenten und von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld.


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An die Spitze des "gemeinsamen Generalstabs", dem seit 1948 Heer, Marine, Luftwaffe und die Elitetruppe Marines unterstellt sind, wurde Myers im Oktober 2001 berufen, kurz nach den Anschlägen vom 11. September. Ausschlaggebend für seine Ernennung waren die langjährigen Erfahrungen, die der General der US-Air Force im Bereich der militärischen Nutzung des Weltraums gesammelt hat. Der 61-Jährige leitete von 1998 bis 2000 das NORAD (North American Aerospace Defense Command), ein umstrittenes amerikanisch-kanadisches Programm für weltraumgestützte Raketenabwehr, sowie das US-Weltraumkommando in Colorado.

Myers unterstützte zunächst Bushs Anti-Terror-Kampf in Afghanistan, der zum Sturz der Taliban führte. Anschließend machte er sich rasch an die nächste Etappe und begann mit den Vorbereitungen zum Sturz des irakischen Staatschefs Saddam Hussein. Damit leistete er die Vorarbeit für umstrittenen Feldzug gegen den Irak.

Als ranghöchster Militär ist es Myers gewohnt, sich im Pentagon Fragen der Journalisten zu stellen. Der große, schlanke, unscheinbar wirkende General mit dem leisen Lächeln, der weder das Charisma noch die politische Autorität seines Vorgängers, des jetzigen US-Außenministers Colin Powell hat, lässt dabei aber gerne anderen den Vortritt. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld etwa, der nie um bissige, ironische und scharfzüngige Äußerungen verlegen ist.

Der Berufssoldat begann seine Laufbahn 1965 als Pilot, kann über 4.000 Flugstunden in einer großen Palette von Kampfjets vorweisen, diente im Vietnam-Krieg und leitete US-Einheiten in Japan und im Pazifik. Als Diplomat unternahm Myers seit dem 11. September 2001 zahlreiche Reisen nach Asien und in den Nahen Osten mit dem Ziel, die von den USA gewünschte internationale Koalition gegen den Terror, aber auch gegen Saddam Hussein, zu schmieden.

Seine diplomatischen Fähigkeiten stellte Myers auch unter Beweis, als er kürzlich nach seiner eigenen Position zu dem weltweit kritisierten, einseitigen und von der UNO nicht gedeckten Angriff auf den Irak befragt wurde. Er habe eine private Meinung und private Ratschläge, sagte er darauf. Diese tue er nur dem Präsidenten kund. Zugleich verwies er auf die "Verbindung von Terrorismus und Massenvernichtungswaffen", die das amerikanische Volk bedrohe. Im übrigen hätten laut US-Verfassung die Politiker die Entscheidung über Krieg oder Frieden zu treffen. Die Militärs seien verpflichtet, Befehlen zu gehorchen - es sei denn, diese seien "unmoralisch und illegal" oder verletzten ethische Prinzipien.