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Grausen vor dem Gammelgurkerl

Von Christina Böck

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Viele werden den Satz schon einmal gehört haben: "Des ist doch noch guat." Die meisten haben ihn wohl aus dem Mund ihrer Großeltern gehört. Eine Generation, die den Hunger im Krieg erlebt hatte, konnte sich von einer schimmligen Marmelade halt noch schwerer trennen, als man das heutzutage gewöhnt ist. Heute muss es nicht einmal ein grünlicher Pelz sein, der Lebensmittel in den Mist wandern lässt. Vielen Menschen reicht das Mindesthaltbarkeitsdatum als einziger Anhaltspunkt, warum etwa ein Joghurt jetzt sofort in die Tonne muss. Die gemeinhin als Ablaufdatum bezeichnete magische Zahl hat schon mehr Lebensmittelverschwendung zur Folge, als sie gesundheitlichen Nutzen bietet. Nur wenige kennen also den Spruch: "Es heißt mindestens haltbar bis und nicht tödlich ab." Die deutsche und die österreichische Tafel - Organisationen, die Lebensmittel an Bedürftige verteilen - haben nun ein Poster veröffentlicht, auf dem man nachlesen kann, wie lange welche Produkte noch nach ihrem Mindesthaltbarkeitsdatum essbar sind. Eier und Butter zum Beispiel noch 21 Tage lang.

Das Befremdende dabei ist ja weniger, dass Menschen Angst davor haben, dass ein gammliges Gurkerl sie ins Grab bringt. Sondern dass der Menschheit einfache sinnliche Fähigkeiten abhandenkommen. Zum Beispiel riechen, ob eine Milch sauer ist. Die meisten Lebensmittel teilen nämlich nicht sehr subtil mit, dass sie jetzt nicht mehr verzehrt werden sollten.