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Grautöne und Frontverschiebung

Von Katharina Schmidt

Analysen

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Die starren Fronten bröckeln. Und zwar gewaltig. Die Rede ist von den Studiengebühren, die es nach einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs ab heute nicht mehr gibt. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle kämpfte noch bis vor kurzem Seite an Seite mit den Rektoren für ihre Wiedereinführung, auf der anderen Seite standen ebenso geschlossen SPÖ, Grüne und Hochschülerschaft. Das war einmal. Der Anti-Gebühren-Parteitagsbeschluss der SPÖ aus dem Jahr 2010 ist längst nicht mehr sakrosankt. Bekanntlich will Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller beim nächsten Parteitag im Frühjahr ein eigenes Gebührenmodell präsentieren.

Auch hat die SPÖ ein Papier für eine verfassungskonforme Umsetzung des bisherigen Modells vorgelegt, wonach nur Langzeitstudierende und Drittstaatsangehörige Gebühren zahlen. Doch das konnte und wollte Töchterle nicht annehmen - schon als diese Regelung 2008 beschlossen wurde, protestierte er als Rektor der Uni Innsbruck dagegen. Damals noch Seite an Seite mit seinem Freund und Salzburger Rektorenkollegen Heinrich Schmidinger.

Doch dem Rektoren-Chef ist heute der Spatz in der Hand lieber als die Taube auf dem Dach: Statt auf die Einführung von 500-Euro-Gebühren für alle und damit einen Geldsegen zu hoffen, hätten die Rektoren lieber die knapp 360 Euro von einem Teil der Studierenden. Das versteht Töchterle nicht, wodurch die Allianz zwischen Ministerium und Rektoren ins Wanken gerät. Töchterle weigert sich nun, die 17-Millionen-Euro-Lücke zu stopfen, die allein im Sommersemester durch den Entfall der Gebühren entsteht. Die Unis hätten ja bereits ab März autonom Gebühren einheben können, so das Argument.

Einige Unis wollen das - trotz unklarer Rechtslage und der Gefahr von Rückzahlungen - ab Herbst tun, was wiederum die ÖH auf den Plan bringt. Sie will jetzt Rücklagen in Millionenhöhe auflösen, um Klagen zu ermöglichen. Natürlich wäre es sinnvoll, mit einem Urteil eine Klärung der diffizilen Rechtsfrage zu erzwingen. Allerdings stellt sich die Frage der Verhältnismäßigkeit: Von den Gebühren sind 15 Prozent der Studenten betroffen, ÖH-Pflichtbeiträge zahlen alle.

Finanzielle Hilfe von den Grünen bekommt die ÖH diesmal nicht mehr. Ideelle Unterstützung kann man sich zwar vorstellen, jedoch sei die Regelung aus dem Jahr 2008 gar nicht so schlecht gewesen, heißt es. Und man brauche "Spielräume in der Diskussion". Selbst die Grünen sehen Gebühren nicht mehr als absolutes No-Go an. Töchterle mit seiner strikten Gebühren-Vorstellung gerät also ebenso in Bedrängnis wie die ÖH mit ihrer verbissenen Anti-Haltung. Jetzt ist die Zeit für Grautöne gekommen.