Keine guten Nachrichten: In den Jahren 2015 bis 2018 war es so trocken wie in den vergangenen 2.100 Jahren nicht.
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Dass die Sommer der letzten Jahre besonders heiß und trocken waren, ist nicht nur ein subjektiver Eindruck. Die Sommerdürren der Jahre 2015 bis 2018 waren tatsächlich sogar gravierender als in den rund 2.100 Jahren davor. Das ergab eine internationale Studie, an der zahlreiche Institutionen in ganz Europa beteiligt waren.
Die Forscher beobachteten zwar eine stetig zunehmende Trockenheit, allerdings sticht insbesondere die zweite Hälfte des 20. Jahrhundert besonders negativ hervor: "In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gibt es eine rapide Änderung", berichtet Jan Esper vom Institut für Geografie der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz gegenüber der "Wiener Zeitung". "Wir müssen davon ausgehen, dass diese Sommertrockenheit, wie wir sie jetzt haben, in Zukunft häufiger auftritt."
Anhand der von den Forschern erhobenen Daten - es sind insgesamt 27.000 Messdaten aus den Jahren 75 v. Chr. bis 2018 - zeigt sich, dass es schon häufiger Dekaden gab, etwa in der Renaissance, die besonders trocken waren. Ebenso gab es sehr feuchte Perioden über längere Zeiträume. Die Feuchtigkeitsvariation war also sehr groß. Grund zur Beruhigung ist dies indes leider nicht: "Diese letzten paar Jahre sind außerhalb dieser natürlichen Variabilität", so Esper.
Eichen als Zeitmaschine
Die Rekonstruktion der hydroklimatischen Bedingungen der letzten 2.100 Jahre auf der Basis von Isotopen ist einmalig, sowohl was die Zeitspanne als auch die Menge der Daten betrifft: Die Grundlage der Daten sind 147 Eichen, darunter lebende Bäume aus der heutigen Tschechischen Republik und aus dem südöstlichen Bayern. Anhand der Zellulosefasern der lebenden Eichen kann man Erkenntnisse für die letzten einhundert Jahre gewinnen. Für die verbleibenden 2.000 Jahre nahmen die Forscher Proben aus Baumaterial, etwa von alten Kirchenstühlen, oder von Eichen aus archäologischen Funden. "Wir haben jeden einzelnen Jahrring abgetrennt, dann die Zellulose extrahiert, und dann die sogenannten stabile Isotope gemessen. Das ist ein sehr aufwendiges und sehr teures Verfahren", sagt Esper. Auf diese Weise entstand der größte derartige Datensatz stabiler Isotope aus Baumjahrringen, der bislang generiert wurde.
Eichen eignen sich besonders gut als Zeitmaschinen, da sie zum einen ein beliebtes Baumaterial waren und zum anderen aber auch gut erhalten bleiben. So konnten die Wissenschafter auch auf Material aus Flusssedimenten und aus Schotterbänken an Flüssen zurückgreifen.
Die Untersuchungen bieten zum ersten Mal die Möglichkeit, die Sommertrockenheit der extremen Jahre 2015 bis 2018 in einen größeren zeitlichen Kontext zu stellen. So lässt sich die erwähnte Tendenz zur immer stärkeren Vertrocknung ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sichtbar machen und zeigt die extremen Jahre der jüngsten Vergangenheit als die bisherigen Höhepunkte dieser Entwicklung.
Für die Forschungen waren in diesem Fall die Isotope von Kohlenstoff- und Sauerstoff-Molekülen in der Zellulose der Eichen die Grundlage. Anhand dieser Isotope können Rückschlüsse auf die klimatischen Bedingungen gezogen werden, die wesentlich präziser und verlässlicher sind als die Analyse des Umfangs von Baumstämmen oder die Messung der Jahrringe allein. Das Wachstum allein ist kein sicherer Indikator für die Bedingungen des Wachstums, zumal über derartig lange Zeiträume. Baumring-Messungen beziehen sich üblicherweise auf Ringbreite und Holzdichte. In den stabilen Isotopen spiegelt sich die Reaktion des Baumes auf die veränderten Bedingungen wider. "Die Kohlenstoffwerte hängen von der fotosynthetischen Aktivität ab, die Sauerstoffwerte werden durch das Quellwasser beeinflusst. Zusammen korrelieren sie eng mit den Bedingungen der Wachstumsperiode", erläutert der Koautor Paolo Cherubini von der Schweizer Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) in einer Aussendung zu der Studie. Die Isotope seien "ein viel genaueres Archiv, um die Hydroklimabedingungen in gemäßigten Gebieten zu rekonstruieren", so Esper.
In der Aussendung zu der in der Fachzeitschrift "Nature Geoscience" veröffentlichten Studie führen die Forscher die Hitzesommer auf den Klimawandel zurück, insbesondere auf die Veränderungen der Position des Polarjetstreams. Der Jetstream gehört zu den beiden großen Windbändern, die das Temperaturgefälle zwischen den Polen und dem Äquator ausgleichen.
In welchem Ausmaß die Trockenperioden in Zukunft zunehmen, können allerdings nur Klimamodelle zeigen.