"Absage an Hetze" schaut anders aus. | So sieht also, glaubt man der veröffentlichten Meinung am Tag danach, eine "Absage" an den rechten Rand und seine Ressentiment-geladene Hetze aus: Ein Plus von 3 Prozent. Solche "Niederlagen" wird sich die FPÖ wohl noch viele wünschen - auch wenn es stimmt, dass es ihr diesmal in Graz wohl nicht gelungen ist, ihr Wählerpotenzial auszuschöpfen. Dazu gehören sicherlich auch die 4,3 Prozent des BZÖ, das erstmals außerhalb Kärntens einen Wahlerfolg für sich verbuchen konnte.
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Natürlich kann man sich, wenn man denn unbedingt will, die Welt schöner schreiben als sie tatsächlich ist. Im Umgang mit dem Wählerwillen scheint aber ein nüchterner Zugang ratsamer, gilt es doch, den Spruch des Souverän authentisch zu interpretieren.
Eine wirkliche Absage haben am Sonntag nur zwei Parteien erhalten: Die Kommunisten und die SPÖ. Relativiert wird diese Absage lediglich durch die unterschiedliche Ausgangslage beider Parteien: Während die KPÖ von einem einmaligen Höchststand (20,7 Prozent 2003) eigentlich nur verlieren konnte, wurde die SPÖ von einem historischen Tiefststand zum nächsten durchgereicht.
Während die Niederlagen dieser beiden Parteien wohl vorwiegend auf lokale Ursachen zurückzuführen sind (ein farbloser Spitzenkandidat samt in der Tat erbärmlichem Wahlkampf bei der eigentlich kampagne-erprobten SPÖ; der Verlust des rot-roten Zugpferds Ernest Kaltenegger bei der KPÖ), stellt sich die Frage nach einem bundespolitischen Signal beim Abschneiden von ÖVP und Grünen.
Der Grazer ÖVP ist es gelungen, eine relative Mehrheit in Österreichs zweitgrößter Agglomeration nicht nur zu halten, sondern sogar auszubauen. Im Vergleich zur Schwäche der ÖVP im urbanen Raum, insbesondere in Wien, eine bemerkenswerte Leistung. Das Mittel zu diesem Zweck war ein gemäßigter Rechtskurs eines bekennenden Konservativen mit christlich-sozialem Touch.
Ähnlich wie die ÖVP haben sich auch die Grünen auf ihre Kernthemen - Integration, Ökologie und Menschenrechte - konzentriert und einen konsequenten Linkskurs verfolgt. Der Lohn stellte sich in Form vieler KPÖ-Stimmen ein. Im Unterschied zu sonst wurden sogar die Umfragewerte übertroffen. Das Potenzial der Grünen in Universitätsstädten liegt zweifellos bei 15 Prozent und mehr.
Schwarz-Grün, erklärte Priorität von Nagl und Grünen-Chef Van der Bellen, würde sich rechnerisch ausgehen. Die Gräben, die beide Parteien trennen, sind allerdings beachtlich. Der Job des Brückenbauers ist ein riskanter. Das gilt auch für Politiker.