Das Justizministerium und das Gesundheitsministerium kommen sich bei der geplanten Arzneimittelgesetz-Novelle, die die Naturalrabatte bei Ärzten reglementieren soll, in die Quere.
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Eine Sonderbestimmung in Sachen Naturalrabatte für Ärzte strafrechtliche Verfolgung ab einer Geschenkannahme von 7.500 Euro sei unnötig, hieß es am Freitag im Justizministerium. Denn man arbeite derzeit in Umsetzung internationaler Rechtsakte ohnehin an Änderungen zu den bestehenden Korruptions-Bestimmungen auch für den privaten Bereich. Damit werde die von Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat vorgeschlagene Strafgrenze im Arzneimittelgesetz "wahrscheinlich überflüssig".
Im Ministerbüro ist man über die Vorgangsweise von Rauch-Kallat "erstaunt", denn es sei ausgemacht, kein Entwurf "ohne Gegenlesen". Auch weist der Entwurf aus Sicht der Justiz eine große Lücke auf, denn das Gesundheitsressort stelle auf die Strafbarkeit der Ärzte ab, nicht aber der Pharmafirmen.
Für das Justizministerium soll die Geschenkannahme bei einem Zusammenhang mit Verschreibungen oder Aufträgen in jedem Fall Sache der Strafgerichte sein, und nicht wie es der Entwurf von Rauch-Kallat vorsieht erst ab einer Grenze von 7.500 Euro. Die reine Geschenkannahme ohne weitere Auswirkungen soll hingegen völlig im Verwaltungsstrafrecht bleiben. "Es wird doch ohnehin kaum eine Pharmafirma einem Arzt etwas zukommen lassen, ohne etwas davon zu haben", meinte Fritz Zeder, Legist im Justizministerium.
Rauch-Kallat reagierte mit ihrem Entwurf auf die massiven Vorwürfe, dass Ärzte von Pharmafirmen Gratis-Medikamente bekommen und diese den Krankenkassen verrechnen. Laut dem Autor Hans Weiss werden 40 Prozent der gesamten Medikamentenmenge in Österreich verschenkt. Der "Gesetzentwurf sei jedoch diskutierbar", so die Sprecherin von Rauch-Kallat gegenüber der "Wiener Zeitung". "Die 7.500 Euro Grenze ist ein Richtwert, auf den wir nicht bestehen". Rauch-Kallat sei "mit aller Konsequenz dahinter, fragwürdige Praktiken abzustellen". "Das Verschreibeverhalten der Ärzte darf nicht von geschenkten Reisen in die Karibik abhängen." Die Begutachtungsfrist der Novelle endet am 16. August. Ohne einen einstimmigen Beschluss der Minister kommt es zu keinem neuen Gesetz.
In Österreich wurden im Jahr 2003 dem letzten bisher erhobenen Jahr insgesamt 17 Mrd. Euro oder 7,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Gesundheit ausgegeben. Davon entfielen 11,5 Mrd. Euro auf den öffentlichen Sektor und 4,9 Mrd. Euro auf die privaten Haushalte. Die Gesamtausgaben seit 1997 sind um 24,2 Prozent gestiegen, der Anteil am BIP nahezu gleich geblieben.