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Grenzen der Annäherung

Von Benedikt Harzl

Gastkommentare
Benedikt Harzl ist "Austrian Marshall Plan Foundation Fellow" am Center for Transatlantic Relations der Johns Hopkins University in Washington und Assistenzprofessor am Zentrum REEES der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz.

Die USA und Russland in der Ära Donald Trumps.


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Russland dominiert nach wie vor die US-Schlagzeilen. Im Präsidentschaftswahlkampf wurde das Land - trotz der gegenüber den USA militärischen und wirtschaftlichen Unterlegenheit - zu einem geopolitischen Elefanten mit omnipräsenter Wirkung aufgeblasen. Von den Hacking-Vorwürfen profitierten anfangs auch die Demokraten. So wurde Donald Trump von Hillary Clinton medienwirksam in die Nähe von Wladimir Putins Russland gerückt, während der Inhalt der geleakten E-Mails den Narrativ der Clinton-Kampagne unglaubwürdig erscheinen ließ und damit der Trump-Kampagne massiv half. Am Ende dürften die "Podesta-Mails" auch teilweise wahlentscheidend gewesen sein.

Dennoch wäre es voreilig, nun eine neue Allianz zwischen Washington und Moskau, die problemlos über alte Differenzen zwecks gemeinsamer Ziele hinwegsieht, auf das außenpolitische Firmament zu projizieren. Auch wenn die Ernennung von Rex Tillerson zum Außenminister einen Bruch mit der Ära der "indispensable nation" andeutet, stehen dieser Erwartung einige Einwände gegenüber.

Zum einen ist Trump nicht nur beratungsresistent, sondern auch unberechenbar. Und dies gilt auch für sein Verhältnis zu Russland. So war eine lange Zeit Mitt Romney, der Russland nicht gerade freundschaftlich gegenübersteht, als Kandidat für das Außenamt im Gespräch. Trumps jüngste Pläne, Schutzzonen für Flüchtlinge in Syrien zu schaffen, haben außerdem für Verwunderung in Moskau gesorgt, wo doch Clinton im Wahlkampf etwas Ähnliches - nämlich eine Flugverbotszone - gefordert hatte. Ferner zeigen sich für eine Annäherung systemische Begrenzungen: Auch wenn der Präsident der USA weitgehend freie Hand in der Gestaltung der Außenpolitik hat, ist er auch auf Kooperation mit einem russlandkritischen Kongress angewiesen, gerade wenn es um die Genehmigung von Geldern oder die Ratifikation von Abkommen geht.

Zudem könnte Trumps Wahlsieg auch dem in Russland vorherrschenden Narrativ über westliche Werte - ein Legitimitätsfaktor der Politik in Russland - auf Dauer zusetzen: Man mag inhaltlich zu Trump stehen, wie man will. Dennoch war seine Wahl ein Beleg für die Unvorhersehbarkeit des Wahlausgangs in einer funktionierenden rechtsstaatlichen Demokratie. In der Tat wird man sich auch in Moskau fragen: Wäre ein derartiges Szenario in Russland denkbar? Davon abgesehen kann sich die Dauerunterstützung in den russischen Medien für Trump als Bumerang erweisen. Denn damit sind gewaltige Erwartungshaltungen in der Bevölkerung entfacht worden, die leicht enttäuscht werden könnten, wenn es nicht rasch zu konkreten Ergebnissen kommt.

Auch wenn der neue US-Präsident vielleicht eine graduelle Abkehr vom bisherigen Containment-Kurs einschlägt (seine Administration hat zum Beispiel damit begonnen, die Sanktionen aufzuweichen) - im Kreml wartet man bisweilen ab und hat nicht vergessen: Der einzige Staatsmann Osteuropas, den Trump jemals getroffen hat und für den er überaus lobende Worte fand, war ausgerechnet (!) der ehemalige Präsident Georgiens und Kurzzeit-Gouverneur von Odessa, Michail Saakaschwili.