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Grenzenlos provinzlerisch

Von Reinhold Aumaier

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Provinz muss sein. Wir haben alle eine Herkunft; und kommen schließlich - mehr oder weniger sicher - in den Himmel. Nur bei jenen, die ihr Leben lang zündeln, scheint so etwas wie das Fegefeuer der passendere Ort. In "Grenzenlos" auf 3sat diskutierte man am Mittwoch über "Im Schatten Haiders - 100 Tage Regieren, 100 Tage Einsamkeit?" Die Anspielung auf Marquez' Roman "Hundert Jahre Einsamkeit" saß. Nein, so lange wird das einst wie jetzt heiß umfehdete, wild umstrittene Schnitzelland nicht brauchen, um aus dem Schatten des Bärentale(r)s wieder in die sonnige Seite seiner wahren Gemütsverfassung treten zu können. Hat man einmal mehr die verbale Ausweicherei gehört, deren sich seine Eiferer und Getreuen bedienen - gel', Frau Daniela R.! -, dann weiß man, dass es noch dauern wird. Verschärfend kommt hinzu, dass der Wunsch nach knallhart-gnadenloser Führerei, wie man täglich an den Stammtischen mithören kann, leider längst nicht ausgedient hat.

Nach so vielen gesprochenen Misstönen hatte man Lust auf musikalischen Wohlklang. Da kam Arte mit dem Astor-Piazolla-Porträt gerade recht. Seine Musik sei nicht nur innovativ und gekonnt, sondern auch gespenstisch schön, verkündete Gidon Kremer - der Geiger und Nachspieler seiner Werke. Hört man genauer hin, bleibt da ein Rest von Unbehagen - bei aller Kunstfertigkeit. Seine Interpretations- und Inszenierungskünste gehen nicht wirklich unter die Haut, so faszinierend die tönende Oberfläche auch angekratzt und gekräuselt wird. Um einiges echter, direkt empfundener hörte sich da hernach in "ZEIT-TON" auf Ö1 das Improvisationsduo Courvoisier/Niggli an. Ein grenzenloser Genuss aus der Provinz namens Schweiz.