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Grenzkontrollen, Heereseinsatz: Ein Europa wie einst

Von red

Politik

Deutscher Innenminister Maiziere: Grundsatzeinigung auf Verteilung von 160.000.|Quoten-Festlegung soll bei nächster Sitzung der EU-Innenminister am 8. Oktober folgen.|Ungarn ruft wahrscheinlich Krisenzustand aus.


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Brüssel. Der deutsche Innenminister Thomas De Maiziere sprach nach dem EU-Sonderrat am Montag in Brüssel von einer "Grundsatzeinigung auf die Verteilung von 160.000" Flüchtlingen in der EU. "Wir haben aber noch nicht die Festlegung auf die Quoten erreicht und auch nicht auf das Verfahren im Einzelnen".

Das soll erst bei der nächsten Ratssitzung der EU-Innenminister am 8. Oktober beschlossen werden. "Ich fand es nur wichtig, eine politische Übereinstimmung zur Verteilung der 160.000 heute mit nach Hause zu bringen und nicht durch eine Festlegung auf eine Quote die Grundeinigung sogar zu gefährden", so De Maiziere.

Ungarn ruft wahrscheinlich den Krisenzustand aus

Die ungarische Regierung wird nach den Worten von Ministerpräsident Viktor Orban am Dienstag wegen des Andrangs von Flüchtlingen wahrscheinlich den Krisenzustand über das Land verhängen. Er rechne zudem damit, dass mit dem Inkrafttreten der verschärften Gesetze sehr viele Asylanträge abgelehnt würden, sagt Orban in einem TV-Interview.

Der ungarische Regierungschef betonte, man betrachte Serbien als sicheres Drittland für Flüchtlinge. Man werde Flüchtlinge dorthin zurückschieben. Orban betonte, die Flüchtlingskrise werde Ungarn bis zu 200 Millionen Euro kosten.

Indes teilte die ungarische Regierung mit, sie werde für minderjährige Flüchtlingskinder sorgen, die ohne Begleitung in Ungarn eintreffen. Dafür sollen 5.400 Plätze an verschiedenen Stellen des Landes geschaffen werden, zitierte die ungarische Nachrichtenagentur MTI am Montagabend eine Aussendung des Ministeriums für Humanressourcen.

Für die Versorgung dieser Kinder und Jugendlichen werde man auch mit Fachleuten kooperieren. Die ungarische Regierung würde jedes Kind, das ohne Begleitung eintrifft, "nicht als Einwanderer, sondern vor allem als Kind betrachten", heißt es in der Aussendung. Dabei würde für die sichere Unterbringung dieser Kinder gesorgt.

Es wird zugleich daran erinnert, dass in Ungarn ohne Begleitung eingetroffene Minderjährige innerhalb des Kinderschutz-Versorgungssystems untergebracht werden, etwa im Kinderzentrum in der nahe Budapest gelegenen Stadt Fot. Das ungarische System für Kinderschutz sei angesichts der bereits getroffenen Maßnahmen in der Lage, die Situation zu managen.

Faymann trifft Merkel am Dienstag

Für Dienstag ist ein Treffen zwischen Bundeskanzler Werner Faymann und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel in Berlin anberaumt. Dabei wird die gemeinsame Bewältigung der Flüchtlingskrise im Vordergrund stehen. Seit Sonntag kontrolliert Deutschland nämlich verstärkt seine Grenzen.

Der Zustrom von Flüchtlingen am Wochenende nach Deutschland, der Kollaps bei der Erstaufnahme in München, aber auch die fehlende Hilfsbereitschaft der deutschen Bundesländer sowie der innerparteiliche Druck in der CDU veranlassten Merkel am Sonntag dazu, Grenzkontrollen zu veranlassen.

Außerdem wurden die Züge von Österreich nach Deutschland bis Montagfrüh ausgesetzt – mit dem Effekt, dass tausende Flüchtlinge über Nacht in Österreich festsaßen und weitere über Ungarn nach Österreich kamen. Laut Caritas bewegen sich aktuell rund 40.000 Flüchtlinge in Österreich. 7000 warteten alleine in Nickelsdorf im nördlichen Burgenland.

Österreich folgte aus diesem Grund am Montag dem Vorgehen Deutschlands und setzte ebenfalls verstärkt Grenzkontrollen ein. 2200 Soldaten des Bundesheeres sollen die Polizei unterstützen. Der Fokus liegt laut Faymann bei der humanitären Hilfe.

Am Montag haben die EU-Innenminister über ein gemeinsames Vorgehen in der Flüchtlingsfrage beraten. Bereits im Vorfeld zeichnete sich ab, dass auch diesmal keine Einigung auf fixe Quoten zu erwarten war. Ein EU-Sondergipfel rückt näher. Allerdings einigte man sich auf die Verteilung von 40.000 Flüchtlingen, die schon in der EU sind. Die Slowakei hat Kontrollen an der Grenze zu Österreich und Ungarn eingeführt. Polen hat erklärt, dass man zu einem solchen Schritt bereit sei, wenn es die Lage erforderte. Auch das deutsche Bundesland Sachsen will die Schlagbäume in Richtung Tschechien wieder senken.

In Ungarn gilt ab Dienstag "illegale Migration" als schwere Straftat. Polizei und Heer überwachen die Grenze zu Serbien, wo ein vier Meter hoher Zaun aufragt. Experten gehen davon aus, dass sich die Schlepper nun andere Wege – über Kroatien und Slowenien nach Österreich – suchen.