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Grenzregionen Tabuzone für Pkw-Maut?

Von Karl Leban

Wirtschaft

Deutsche Landespolitiker pochen auf Ausnahmeregelung für kleinen Grenzverkehr.


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Wien/Berlin. Hinter Deutschlands Plänen, für das gesamte Straßennetz ab 2016 eine Pkw-Maut einzuführen, die nur Ausländer und damit auch Österreicher belasten soll, stehen noch viele Fragezeichen. Die politische Debatte über die Ausgestaltung der Abgabe - sie ist ein Projekt der CSU - treibt derzeit jedenfalls Blüten.

Zuletzt ließ Bayerns Innenminister Joachim Herrmann mit dem Vorschlag aufhorchen, die Grenzregionen von der Pkw-Maut auszunehmen. In seiner Partei, der CSU, hat er sich damit nicht unbedingt Freunde gemacht. CSU-Chef Horst Seehofer pfiff ihn zurück, und bei Verkehrsminister Alexander Dobrindt in Berlin stieß der Vorschlag auf taube Ohren.

Schützenhilfe bekam Herrmann jedoch von anderen Landespolitikern - etwa aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Baden-Württemberg. So wie ihr bayrischer Kollege befürchten sie, dass in Grenzregionen vor allem Handel und Gastronomie wirtschaftliche Einbußen hinnehmen müssten, weil im Fall einer Maut Kunden aus Nachbarländern wie etwa Österreich, den Niederlanden oder Frankreich wegblieben. Trotz Dobrindts Njet dürfte die Forderung nach Sonderregeln, die auch bei der SPD Befürworter hat, deshalb noch nicht ganz vom Tisch sein.

Wien zu keinenDeals mit Berlin bereit

Geht es nach dem deutschen Bundesverkehrsminister, soll die Pkw-Maut noch heuer vom Bundestag beschlossen werden. An der Ausformulierung des Gesetzes wird gerade gearbeitet.

Sollte es doch zu einer Ausnahmeregelung für kleine Grenzverkehre kommen, würde Österreich in seinen Grenzregionen Autobahnen und Schnellstraßen im Gegenzug dann ebenfalls von der Bemautung ausnehmen? Diese Frage wird im Verkehrsministerium in Wien weder mit Ja noch mit Nein beantwortet. Ein Sprecher von Verkehrsministerin Doris Bures sagte der "Wiener Zeitung" am Dienstag lediglich: "An der Diskussion über Ausnahmeregelungen wollen wir uns nicht beteiligen."

Die Ministerin habe ihre Position - stellvertretend für Österreich - bereits mehrfach klargemacht, betonte der Sprecher: "Die Pkw-Maut, so wie Deutschland sie derzeit konzipiert hat, ist EU-rechtswidrig."

Bures hatte ihre Position mit einem jüngst vorgelegten Gutachten des EU-Rechtsexperten Walter Obwexer von der Uni Innsbruck untermauert. Obwexer kommt darin zum Schluss, dass die Maut - so wie sie geplant ist - nicht nur gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoße, sondern auch gegen die "Standstill"-Verpflichtung. Letztere untersagt jede Verschlechterung im Verhältnis zwischen in- und ausländischen Verkehrsunternehmen.

Mitte Juli hatte Bures ein Treffen mit ihrem deutschen Amtskollegen Dobrindt. Dieses Gespräch brachte jedoch keine Annäherung in den strittigen Punkten zur geplanten Maut. Sollte Deutschland nicht einlenken, will Bures die EU-Kommission einschalten und - falls diese nichts unternimmt - eine Klage beim Europäischen Gerichtshof einbringen.

Deutscher Europarechtler:Klagen haben gute Chancen

Österreich sitzt dabei nicht allein im Boot. Auch die Niederlande haben bereits angekündigt, notfalls zu klagen. Der deutsche Europarechtler Walther Michl räumt Klagen der beiden Länder jedenfalls gute Erfolgschancen ein. So verstoße das Konzept zur Pkw-Maut unter anderem gegen das Diskriminierungsverbot auf Grundlage der Staatsangehörigkeit, sagte er der deutschen Nachrichtenagentur dpa. "Aber der Verkehrsminister (Dobrindt, Anm.) muss das jetzt bis zum Ende durchziehen. Wenn er jetzt schon einen Rückzieher macht, wäre das ein wahnsinniger Gesichtsverlust", so Michl.

Nach den Plänen Dobrindts soll es für die Pkw-Maut künftig sowohl für die deutschen als auch für die ausländischen Autofahrer Vignetten geben. Der gravierendste Unterschied zu Österreich und anderen EU-Ländern, die ein Vignetten-System haben, ist jedoch, dass Deutsche bei den Kosten für die Straßenmaut über eine geringere Kfz-Steuer voll entlastet werden sollen. Das bedeutet, dass nur die ausländischen Fahrer zur Kasse gebeten werden. Nach Berechnungen der deutschen Regierung sollen so künftig zusätzlich gut 600 Millionen Euro pro Jahr in die Straßeninfrastruktur fließen.