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"Grexit" als Kinderspiel

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Es ist keine Schande, zuzugeben, in der Causa Griechenland den Überblick verloren zu haben. Kurz eine Auflistung der Aussagen der vergangenen Tage: Das Land kann seine Schulden nicht mehr bezahlen; im Moment aber schon. Die griechischen Banken sind pleite; nein, die griechischen Banken sind nicht pleite. Ein "Grexit" wäre für die Eurozone kein Beinbruch; ein "Grexit" würde ein großes Risiko darstellen. Trotz Grexit könnte Griechenland den Euro behalten; nein, nur mit Wiedereinführung der Drachme wäre das Land zu sanieren. Die Regierung in Athen ist planlos; nein, in die Gespräche ist Bewegung gekommen. Bis Freitag muss es eine Lösung geben; nein, am Freitag ist keine Lösung zu erwarten. Russland gibt Griechenland für nicht einmal geplante Pipelines Milliarden; nein, Russland gibt kein Geld - vielleicht.

Alles klar? So sieht europäische Politik aus.

Die einzige Gewissheit auf europäischer Ebene ist derzeit die Teilnahme Griechenlands am Eurovision Song Contest. Hoffentlich gewinnen die Griechen nicht, das würde ein neues Sparpaket auslösen. Für das müsste Athen zuerst ein Sanierungsprogramm vorlegen, das erneut zu kindischen Streitereien führen würde. Auf jeden Fall müsste Finanzminister Yanis Varoufakis sein Motorrad verkaufen.

Was sich rund um Griechenland abspielt, ist nur noch lächerlich. Dem mit Humor zu begegnen, ist eine Möglichkeit, aber nur, wenn man nicht in Griechenland lebt und auch kein superreicher Oligarch ist. Das Verblüffende dabei ist, dass sich niemand in den EU-Institutionen darüber Sorgen zu machen scheint. Jeder plappert drauflos, als handle es sich bei der Währungsunion um ein Spiel. Nur die Würfel fehlen.

Die Währungsunion ist aber kein Spiel. Sie ist - mit dem Binnenmarkt - Europas bisher beste Antwort auf die Globalisierung. Statt Europas Stärke in der Welt zu verankern, wird ökonomisch Angst und Schrecken verbreitet. Nun schaltete sich der Chefökonom von US-Präsident Barack Obama ein, die US-Regierung hat wohl beim IWF-Treffen in Washington kein allzu großes Vertrauen in die Europäer geschöpft.

Es wäre also ganz gut, klarzustellen, dass Griechenland in der Eurozone verbleiben wird. Es wäre klug, der neuen Regierung, die gerade einmal drei Monate im Amt ist, etwas Zeit zu geben. Um es salopp zu formulieren: Auf die paar Milliarden kommt es nicht an.