Experten: "Pleite wäre schlimmer als Lehman." | EU springt wohl ausnahmsweise für Währungsfonds ein. | Brüssel/Athen. Deutlich länger als erwartet haben die Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) die Finanzen in Athen geprüft. Statt bereits vor zweieinhalb Wochen sollen die Resultate der "Troika" am Freitag präsentiert werden. Griechenland hat offensichtlich Probleme, die Bedingungen für die weitere Auszahlung der 110 Milliarden Euro schweren Hilfskredite von Euroländern und IWF zu erfüllen. Daher wird der griechische Premierminister Giorgos Papandreou dem Luxemburger Premier und Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker weitere Spar- und Reformmaßnahmen vorlegen.
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Gürtel enger geschnallt
Die Griechen brauchen die für Juni geplante Notkredittranche über zwölf Milliarden Euro dringend, weil sie ansonsten ihre Schulden nicht mehr bedienen könnten und insolvent würden. Finanzminister Giorgos Papakonstantinou warnte vor einer "Katastrophe". EU-Experten meinten, dass ein solches Szenario auf die Finanzwelt schlimmere Auswirkungen haben könnte, als die Pleite der US-Großbank Lehman Brothers, welche im Herbst 2008 die weltweite Finanzkrise ausgelöst hatte. EU-Banken müssten wohl hohe zweistellige Milliardenbeträge abschreiben, die EZB hält rund 45 Milliarden der dann fast wertlosen griechischen Staatsanleihen.
Erschwert wurde die Lage dadurch, dass die US-Ratingagentur Moodys die Bonitätseinschätzung Griechenlands erneut um drei Stufen von B1 auf Caa1 und damit weit in den hochspekulativen Bereich hinein abwertete. Der Ausblick bleibe zudem negativ, teilten die Analysten mit. Eine Stabilisierung der Finanzlage werde wohl nicht ohne eine Umstrukturierung des rund 330 Milliarden Euro schweren Schuldenbergs gelingen, bei der auch private Gläubiger zur Kasse gebeten würden.
Zur Beruhigung der Lage will Papandreou daher versprechen, zusätzliche 6,4 Milliarden Euro durch neue Einsparungen und aus Steuern zu lukrieren. Zudem sollen die versprochenen Privatisierungen endlich anlaufen. 50 Milliarden Euro Einnahmen bis 2015 aus dem Verkauf von Vermögenswerten hatte Athen versprochen, bisher ist aber noch nichts passiert. Unklar blieb noch, wie oder ob internationale Experten in die Privatisierungen eingebunden werden. Juncker hatte mehrfach eine Art Treuhandgesellschaft mit EU-Beratern ins Spiel gebracht, welche bei der Veräußerung des Staatsvermögens helfen soll.
EU-Topf zahlt statt IWF
Mit den Zugeständnissen der Griechen sollte zumindest die EU grünes Licht für die Juni-Tranche geben. Problematisch erwies sich dagegen eine Klausel in den IWF-Statuten. Dieser darf nur dann auszahlen, wenn die Rückzahlungsfähigkeit des betroffenen Landes für zwölf Monate gesichert ist. Weil das nicht so gewährleistet ist, dürfte der IWF diesmal ausfallen. Seinen Beitrag müsste die EU stemmen: In Frage käme laut Experten der EU-Topf des "European Financial Stability Mechanism" (EFSM), der bei der EU-Kommission angesiedelt ist. Allerdings müsse klargestellt werden, dass es sich um eine ausnahmsweise Überbrückungsfinanzierung ohne Präzedenzwirkung handle.
Danach müsse eine Lösung gefunden werden, um die Griechen dauerhafter liquide zu machen und den IWF wieder an Bord zu holen. Hinter den Kulissen wird daher über ein zweites Rettungspaket verhandelt. Das soll die Refinanzierung von rund 65 Milliarden Euro gewährleisten, welche Athen 2012 und 2013 zurückzahlen muss. Strittig ist, ob und wie der Privatsektor beteiligt werden soll.