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Angst vor Ausweitung der "griechischen Krankheit" steigt. | Währungsfonds könnte größere Rolle spielen. | Madrid. Eigentlich wollten die EU-Finanzminister und die Notenbankchefs der 27 Länder in Madrid über die Zeit nach der Krise sprechen. Das Thema wird aber wohl wieder Griechenland sein. Denn die EU, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) haben am Donnerstag einen Brief aus Athen erhalten. Darin wird ersucht - auf Basis der vereinbarten Hilfsmaßnahmen -, eine Diskussion über ein "mehrjähriges Programm von Wirtschaftspolitiken" zu starten. | Die Kunst des Staatshaushalts
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Brüssel versuchte, den Brief eher runterzuspielen. "Der Brief ist nicht die Aktivierung des Hilfsmechanismus", sagte auch ein hochrangiger Mitarbeiter eines Finanzministeriums.
Vorigen Sonntag haben sich die EU-Finanzminister verständigt, dem hochverschuldeten Euro-Land notfalls mit 30 Milliarden Euro zur Seite zu springen. Weitere 15 Milliarden Euro sollen vom IWF kommen. Nachdem Deutschland aber die Umsetzung dieser Vereinbarung daraufhin wieder überaus kompliziert definierte, wollen es die Finanzmärkte nun wissen. Am Mittwoch steigen die Zinsen für zehnjährige griechische Staatsschuldverschreibungen erneut auf sieben Prozent. Die EU-Maßnahmen hätten diese Zinsen auf zirka fünf Prozent gedrückt.
Da Griechenland heuer etwa 50 Milliarden Euro aufnehmen muss, macht allein dieser Unterschied bis zu einer Milliarde Euro aus: zu viel, um das enorme Defizit auf das gewünschte Maß zu drücken.
Berlin ist gespalten
Beim sogenannten informellen Ministertreffen in Madrid wird es nun auch darum gehen, die EU-Hilfe in die Gänge zu bekommen - da der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble nicht persönlich anwesend sein wird, ein schwieriges Unterfangen. Konkrete Ergebnisse werden bei diesem Treffen nicht erwartet. Denn es ist Deutschland, das mittlerweile für Unmut bei den EU-Partnern sorgt. Die Regierung in Berlin ist sich nämlich uneinig in der Hilfe für Griechenland.
Während Finanzminister Schäuble zusagte, bremst Kanzlerin Angela Merkel nach Kräften. Die Hilfe für Griechenland würde bedeuten, dass Deutschland dem Land einen Kredit von mehr als acht Milliarden Euro geben müsste. In der deutschen Öffentlichkeit ist dies überaus unpopulär. Die Griechen hätten sich selbst in die missliche Lage gebracht, nun sollen sie sich auch selber helfen, lautet der Tenor. Auf Österreich entfielen übrigens zirka 900 Millionen Euro.
Doch mittlerweile dämmert es den anderen Regierungen und Notenbanken Europas, dass Griechenland nur schwierig zu helfen sein wird. Der Brief, unterzeichnet vom griechischen Finanzminister Giorgos Papakonstantinou, spricht von einem "mehrjährigen Programm".
Und das wird auch notwendig sein, denn Griechenland hat nicht nur ein Defizitproblem, sondern ein wirtschaftspolitisches: Das Leistungsbilanz-Defizit liegt heuer bei etwa 16 Prozent der Wirtschaftsleistung, das Land hängt also deutlich vom Ausland ab.
In Madrid wird hinter vorgehaltener Hand erklärt, dass man die Hilfe möglicherweise vollständig dem Internationalen Währungsfonds überlassen könnte, wenn die Sanierung des griechischen Staates über lange Jahre verteilt werden müsste. Und genau danach schaut es im Moment aus.
Die Notenbank-Chefs und Vertreter der Europäischen Zentralbank haben indes noch eine Sorge, die in Madrid mit den Offiziellen aus den Ministerien ebenfalls besprochen werden soll: Die nun wieder gestiegene Gefahr einer Ansteckung anderer Länder. Wenn es nicht gelingt, Griechenland zu stabilisieren, bekommt der dortige Bankensektor Probleme. Damit wären benachbarte Länder wie Bulgarien, Serbien, Montenegro oder Bosnien betroffen, weil Griechenland in diesen Ländern ein großer Investor ist. Und schließlich kämpfen auch Portugal, Irland und Spanien mit hohen Defiziten. Wenn auch deren Zinsen zu klettern beginnen, könnte es auch hier zu Problemen kommen.
Rehn will Krisenfonds
Der Vorschlag von EU-Währungskommissar Olli Rehn, dass die EU dafür einen Krisenfonds einrichtet, ist mit den Mitgliedsländern nicht abgestimmt. Von der EZB kommt Unterstützung, vor allem was den Zugang der Kommission zu den Haushaltsdaten der Mitgliedsländer betrifft. So könnten Budgetabweichungen rascher erkannt werden.
Die Freude darüber hält sich in Grenzen. In Madrid wird wohl versucht werden, den Ball flach zu halten und die Komplexität der Probleme nicht in drastische Aussagen zu kleiden. Das würde - so die Befürchtung - die Finanzmärkte noch stärker verunsichern. Der Währungsfonds jedenfalls ist alarmiert, was schon schlimm genug ist.