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Griechenland: Therapie statt ideologischer Kurpfuscherei

Von Werner Kogler

Gastkommentare
Werner Kogler ist stellvertretender Klubobmann der Grünen.

Demnächst wird in Griechenland wieder gewählt, nachdem die Vereinbarung mit den Euro-Ländern in der Links-Rechts-Regierung umstritten ist.


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Im Folgenden die Argumente für die grünen Vorschläge und für die Skepsis zu dem sogenannten "Hilfspaket". Auch wenn es aus ökonomischer und währungspolitischer Sicht falsch war, Griechenland in die Währungsunion aufzunehmen - es war eine europapolitische Entscheidung -, bliebe es äußerst schwierig einen Austritt zu organisieren. Zu groß sind die Verflechtungen und vor allem die schwer kalkulierbaren Folgewirkungen.

Es ist eben leichter, aus einem Aquarium eine Fischsuppe zu machen als umgekehrt.

Die bisherige "Rettungs"-Politik hat aber auch erwartungsgemäß in die falsche Richtung gewirkt. Oft mit fatalen Folgen, wie etwa im Gesundheitssystem. Ein Drittel der Bevölkerung ist nicht mehr versichert, die Krankenhäuser sind in einem schrecklichen Zustand und können oft nur mehr mit privaten Spenden das Notwendigste bereitstellen.

In Griechenland wird überhaupt die verkehrte Therapie angewandt. Wenn der Volkswirtschaft durch zu rasche und überzogene Kürzungen immer mehr Blut aus dem Kreislauf gezapft wird, ist es logisch, dass der Patient immer bleicher wird. Dem Halbtoten dann noch einen weiteren Aderlass zu verpassen, wird ihn nicht lebendiger machen. Also was ist die richtige Medizin und was ist das Gift? Ein paar angekündigte neue alte Reformschritte klingen vernünftig und sind auch notwendig. Vieles bleibt aber halbherzig oder verschärft die Probleme.

Die Steuerverwaltung gehört auf ein brauchbares Niveau. Völlig unverständlich ist, dass nichts Ernsthaftes zur Rückholung und Besteuerung von über 100 Milliarden Euro Schwarzgeld unternommen wird, das ohnehin in europäischen Banken versteckt wird. Hier ist eine gemeinsame europäische "Aktion scharf" längst fällig. Ärgerlich auch, dass die Griechen absichtlich seit Jahren die vereinbarte Einführung eines tauglichen Grundbuchs unterlassen. Eine Effizienzreform in der Verwaltung tut generell not.

Ausgeklammert wurde de facto die Frage der Schuldentragfähigkeit Griechenlands. Eine ehrliche Antwort: Bei 200 Prozent Schulden im Verhältnis zur jährlichen Wirtschaftsleistung ist eine solche unter normalen Konditionen denkunmöglich. Das sieht auch der Internationale Währungsfonds so, nur die Regierungschefs schauen taktisch weg. Pragmatischerweise wird es dann neben den niedrigen Zinsen außergewöhnlich lange Laufzeiten und Ähnliches geben müssen.

Das Hauptproblem bleibt aber völlig ungelöst. Aus fehlgeleitetem ideologischem Eiferertum wird nichts zur Belebung der Investitionstätigkeit getan. Dabei gäbe es genug zu tun. Etwa im Bereich der erneuerbaren Energien, wo Griechenland - sträflich ungenutzt - beste Voraussetzungen hätte. Stattdessen gibt es hohe Milliardenabflüsse an die Öllieferanten. Noch unverständlicher ist die Tatsache, dass Griechenland mittlerweile Nettoimporteur bei Lebensmitteln, Obst und Gemüse ist. Das ist leicht sanierbar, und in die Veredelung landwirtschaftlicher Produkte kann mit entsprechendem Mehrwert auch gleich investiert werden.

Es gibt an den richtigen Stellen also genug zu reformieren und investieren. Wenn die ideologischen Kurpfuscher nicht länger einer vernünftigen wirtschaftspolitischen Therapie im Wege stehen würden.