Zum Hauptinhalt springen

Griechenland unter dem Hammer

Von Claudia Peintner

Wirtschaft
Der Container-Hafen von Piräus ist seit 2009 im Eigentum der chinesischen Staats-Reederei Cosco. Foto: ap

Bis 2015 sollen Privatisierungen 50 Milliarden bringen. | Veraltete Technik und hohe Lohnkosten sind Verkaufshürden. | Athen. Inmitten anhaltender Gerüchte über eine Umschuldung Griechenlands hat die Regierung am Dienstag wieder einmal mit der Vorbereitung für umfangreiche Privatisierungen begonnen. Insgesamt will Athen bis 2015 rund 50 Milliarden Euro in die Staatskassen fließen lassen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Auf dem Papier des Finanzministeriums ist das Vorhaben bereits ein Jahr alt: Zum Verkauf stehen Anteile der staatlichen Eisenbahn, der Lotterie, der Wasserwerke von Athen und der Elektrizitätsgesellschaft. Restaktien der Telefongesellschaft OTE sollen ebenso abgegeben werden wie Häfen, Flughäfen und kleine Banken.

Gehälter schrecken ab

Bisher regierte jedoch der Stillstand. Der Reformkurs des Euro-Sorgenkindes wird unter anderem von der Gewerkschaft blockiert: Die mächtigen Vertreter der staatlichen Elektrizitätsgesellschaft drohen, dem mediterranen Land, den Strom für Licht und Klimaanlagen abzudrehen.

Ebenfalls schwer unter den Hammer zu bringen sind Teile der griechischen Eisenbahngesellschaft. Attraktiv sei höchstens die S-Bahn von Athen, sagt Martin Knapp von der Deutsch-Griechischen Industrie- und Handelskammer in Athen. Insgesamt sei der Bahnbetrieb jedoch wegen der veralteten Technik, vieler Mitarbeiter und hoher Gehälter wenig gewinnbringend für Investoren. Die Einnahmen decken nur einen Bruchteil der Kosten, der Rest wird durch Subventionen aufrechterhalten.

Kein unbekanntes Phänomen in Athen: Auch bei der Privatisierung der überschuldeten Fluggesellschaft Olympic Airways 2008 gab es im Nachhinein Staatszuschüsse. An die 4600 Beschäftigte wurden laut Gerüchten großzügig entschädigt oder auf dem Papier wiedereingestellt - ohne tatsächlich einen Job anzutreten.

Zum Verkauf ausgeschrieben ist auch der im Staatseigentum befindliche alte Flughafen von Athen. Ein riesiges Areal, das laut aktuellen Plänen zu einem Gewerbe- und Freizeitzentrum umgebaut werden könnte. Der Wüstenstaat Katar habe Interesse an dem Projekt bekundet, sagt der griechische Ökonom George Pagoulatos im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Einige ausländische Investoren schlugen bereits bei früheren Projekten zu: Der deutsche Baukonzern Hochtief ist zu knapp 40 Prozent am Athener Flughafen beteiligt, der seit 2001 in Betrieb ist. Die deutsche Telekom ist mit 30 Prozent Hauptaktionär der griechischen Telekom OTE. Im Zuge der Privatisierung gilt es als wahrscheinlich, dass die Deutschen ihre Anteile aufstocken. Noch zieren sich die Griechen, weil damit der Verlust wesentlicher Eigentümerrechte einhergeht, glaubt Knapp.

Gute Verkaufschancen räumen Ökonomen der staatlichen Fußball-Wettgesellschaft ein. Interesse am staatlichen Pferderennen-Veranstalter kommt aus Frankreich. "Diese lukrativen Beteiligungen wären dank niedriger Börsekurse günstig zu haben", sagt Pagoulatos, der einen Verkauf in den nächsten Monaten für möglich hält. Ob auch China, wie vielfach angekündigt, sich in Griechenland groß einkaufen wird, ist offen. Der chinesischen Staats-Reederei Cosco gehört seit 2009 der Container-Hafen von Piräus.

Schulden machen kaputt

Die griechische Wirtschaftsleistung ist 2010 um 4,5 Prozent geschrumpft. Notenbanker des Landes gehen davon aus, dass die Talfahrt 2011 andauern werde. Die Arbeitslosigkeit könnte die 18 Prozent erreichen (heute 15,1 Prozent). Griechenland wird sein Schuldenproblem nach Einschätzung des deutschen Finanzwissenschaftlers Clemens Fuest nicht ohne einen Forderungsverzicht seiner Gläubiger lösen können. Der Anteil der Steuereinnahmen, den das Land für seinen Schuldendienst ausgeben müsse, sei zu hoch: "Das macht Griechenland kaputt."