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EZB stößt auf Rechtshürden - Hedgefonds rüsten für Klagen.
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Wien. Kann Griechenland seine Finanzen und Schulden künftig selbst stemmen? Das ist die Kardinalfrage beim zweiten Hilfspaket. Die Annahme lautet, dass die "Schuldentragfähigkeit" bei 120 Prozent Verschuldung (gemessen an der Wirtschaftsleistung) 2020 gegeben wäre. Die an sich schon fragwürdige Vorgabe von EU und IWF droht nach jüngsten Berechnungen, die von 129 Prozent ausgehen, verfehlt zu werden.
Somit wird der Schuldenerlass immer wichtiger, auch wenn die Hilfszahlung von 130 Milliarden Euro bis 2014 mehr Interesse weckt. Bisher war geplant, dass die privaten Gläubiger den Schuldenberg um rund 100 Milliarden Euro verringern und dafür auf rund 70 Prozent ihrer Forderungen verzichten. Jetzt hoffen Österreichs Finanzministerin Maria Fekter und andere Kollegen, der Privatsektor werde einem noch größeren Nachlass zustimmen - und das, nachdem wochenlang verhandelt und bereits einmal der Schuldenschnitt hochlizitiert wurde (im Juli 2011 war ein "Haircut" von nur 21 Prozent geplant).
Ob da jene 30 Milliarden Euro aus dem Hilfspaket, die den Investoren den Umtausch schmackhaft machen sollen, als Absicherung ausreichen werden? Schon jetzt ist fraglich, ob genügend Investoren mitziehen, um die Vorgabe von 100 Milliarden Euro zu erreichen. Reicht die Beteiligungsquote nicht aus, müsste die Regierung in Athen wohl rückwirkend Klauseln einführen, die eine Umschuldung ermöglichen, selbst wenn nur ein Teil der Gläubiger zustimmen sollte. Ob das noch als freiwilliger Schuldenschnitt gelten könnte, ist strittig. Und es ginge auch nur für jene Schuldpapiere, die unter griechischem Recht ausgegeben wurden. Ein kleiner Teil wurde aber nach britischem Recht emittiert - und hat diese Klauseln bereits integriert.
Langer Rechtsstreit droht
Das macht es aber für Athen nicht einfacher, im Gegenteil: Es gibt Indizien, dass Hedgefonds exakt diese Anleihen aufkaufen, um eine Sperrminorität zu erreichen und vor Gericht die volle Rückzahlung zu erstreiten. Ihr Profit wäre enorm, falls Anleihen, die zu 25 oder 30 Prozent ihres Werts gekauft wurden, zu 100 Prozent zurückgezahlt würden. Damit wäre allerdings die Entschuldung Athens auf lange Zeit blockiert.
Heikel ist auch der erwartete Beitrag öffentlicher Gläubiger. Zur Erinnerung: Seit Mai 2010 hat das Euro-System (die EZB und die nationalen Notenbanken) Anleihen von klammen Eurostaaten wie Italien, Spanien, Griechenland, Portugal und Irland im Gesamtwert von 219,5 Milliarden Euro aufgekauft. Der Anteil griechischer Papiere wird auf rund 50 Milliarden Euro geschätzt.
Dazu könnten die Notenbanken Anleihen aus früheren eigenen Käufen besitzen. Die genauen Anteile werden als Geheimnis gehütet; die EZB hält sich zudem bis dato zu ihrer Strategie bedeckt. Vor einer Einigung gebe es kein Statement, verlautete aus Zentralbank-Kreisen.
Am Wochenende sorgte freilich international für Aufregung, dass die EZB ihre griechischen Anleihen gegen neue Papiere auswechselt - womit sie von einem Schuldenschnitt nicht betroffen wäre. Das unterminiere das Vertrauen in die Rechtssicherheit, kritisieren Investoren - wer will künftig in europäische Staatsanleihen investieren, wenn die Notenbank mit einem Federstrich jederzeit die Spielregeln ändern kann?
Der Grund für die Aktion ist allerdings nicht, dass die EZB ihre Gewinne schützen will, sondern liegt in den EZB-Statuten, erfuhr die "Wiener Zeitung": Wenn die EZB gezwungen wäre, am Schuldenschnitt teilzunehmen, käme sie in des Teufels Küche und verstieße gegen das Staatsfinanzierungsverbot. Sie hat kein Interesse, den Profit aus griechischen Anleihen einzustreifen, sondern will diesen - wie von EZB-Chef Mario Draghi schon angedeutet - via nationale Notenbanken an die Regierungen ausschütten. Sollten diese beschließen, damit Griechenlands Schulden zu mildern, wäre das eine politische Entscheidung, welche die Unabhängigkeit der EZB nicht tangieren würde.
Fakt ist: Der Umgang der Eurozone mit dem Schuldenschnitt wird international argwöhnisch beäugt. Jeder Fehltritt könnte Investoren in Scharen aus Euro-Staatsanleihen vertreiben und käme Wackelkandidaten wie Italien oder Spanien teuer zu stehen.