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Griechenlands schwierige Suche nach Steuersündern

Von WZ-Korrespondent Gerd Höhler

Politik

Eine halbe Million Hausbesitzer blieb Sondersteuer auf Immobilien schuldig.


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Athen. (n-ost) Ist Alexis Tsipras ein Steuerhinterzieher? Das will in Griechenland Adonis Georgiadis wissen, Abgeordneter der konservativen Nea Dimokratia (ND) im griechischen Parlament. Die Neugier scheint berechtigt. Tsipras ist schließlich Vorsitzender der größten Oppositionspartei, des Bündnisses der radikalen Linken (Syriza). Steuern zu hinterziehen verträgt sich nicht mit dem politisch-moralischen Anspruch der Radikal-Linken, die soziale Gerechtigkeit predigen.

Hinterzieht Tsipras also Steuern oder nicht? Vize-Finanzminister Giannis Mavraganis muss da passen. "Die Finanzbehörden wissen nicht, welche Abgaben Herr Tsipras schuldet und ob er sie bezahlt hat", erklärte er nun in seiner Antwort auf die Anfrage des Abgeordneten Georgiadis.

Es geht um die Sonderabgabe auf Immobilienbesitz, die Ex-Finanzminister Giorgos Papakonstantinou 2011 einführte, um die leeren Staatskassen zu füllen. Gestaffelt nach Größe und Lage ihrer Liegenschaft, sollten Immobilienbesitzer zur Ader gelassen werden. Für bescheidene Bauerngehöfte auf dem Land wurde weniger berechnet als für üppige Villen in den Athener Vororten. In guten Lagen wurden Steuern von mehr als 10 Euro pro Quadratmeter fällig. Um die Abgabe möglichst effizient einzutreiben, wird sie mit der Elektrizitätsrechnung eingehoben: Wer nicht zahlt, dem werde der Strom abgedreht, drohte die sozialistische Regierung.

Riesiges Durcheinanderbei Stromrechnungen

Doch das war ein Irrweg. In Griechenland herrscht bei den Stromrechnungen nämlich ein riesiges Durcheinander: Einmal lauten sie auf den Namen des Mieters, dann wieder auf den des Eigentümers oder sogar eines längst verstorbenen Vorbesitzers einer Immobilie. Mietern den Strom abzudrehen, weil der Wohnungsbesitzer nicht bezahlt hatte, erwies sich schnell als rechtlich nicht haltbar.

Dies war Papakonstantinou bei der Einführung der Steuer offenbar nicht bewusst. Was das Finanzministerium inzwischen aber weiß: Rund 500.000 Stromkunden haben im vergangenen Jahr die Sonderabgabe nicht gezahlt, sondern nur ihre Stromrechnung beglichen. Die Namen haben die Stromversorger dem Finanzministerium mitgeteilt.

Wer die Schuldner sind, wisse sein Ministerium aber nicht, muss Vize-Finanzminister Mavraganis eingestehen. Man will nun versuchen, quasi in Handarbeit die Daten abzugleichen, um herauszufinden, wer die Abgaben schuldet. Selbst wenn dies gelingen sollte, was als eher unwahrscheinlich gilt, muss man dann immer noch Wege finden, die Steuerschulden auch einzutreiben. Unter dem Strich ergibt sich für griechische Immobilienbesitzer der Eindruck: Wer die Sonderabgabe freiwillig zahlt, ist blöd.

Was den Oppositionsführer Tsipras angeht: Er hat sich längst als Steuerhinterzieher geoutet. Der Radikal-Linke erklärte öffentlich, er werde die Abgabe nicht zahlen, sondern das Geld der Organisation Kethea spenden, die Drogenabhängige betreut.