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Athen. Der spektakuläre Justizfall um den griechischen Aufdeckerjournalisten und Herausgeber Kostas Vaxevanis (46) wird neu aufgerollt. Sein politisches Magazin "Hot Doc" hatte am 27. Oktober eine Liste von 2059 vermeintlichen griechischen Steuersündern mit Konten bei der HSBC-Bank in der Schweiz veröffentlicht, in einem ersten Schnellprozess zu dieser Causa war er am 1. November freigesprochen worden. Die Athener Staatsanwaltschaft hat nun dagegen Berufung eingelegt. Ein betreffender Verhandlungstermin wurde zunächst nicht bekannt. Dem Vernehmen nach begründete die Staatsanwaltschaft ihren Schritt damit, dass das Urteil des Schnellgerichts im Fall Vaxevanis "juristisch falsch" sei.
Der Journalist bezeichnete die Berufung per Tweet im Internet-Nachrichtendienst Twitter als "einmaligen Vorgang". Griechenlands größte Oppositionspartei Syriza verurteilte den Schritt der Justizbehörden als "politischen Prozess gegen einen unabhängigen Journalisten". Vaxevanis’ Festnahme nach dem Abdruck der Steuersünder-Liste im Magazin "Hot Doc" und der darauffolgende Freispruch machten weltweit Schlagzeilen. Der Umstand, dass besagte Liste jahrelang von den griechischen Steuerbehörden unverwertet blieb, hat die Ex-Finanzminister Georgios Papakonstantinou und Evangelos Venizelos in Erklärungsnöte gebracht. "Zu einem Zeitpunkt, in dem die griechische Gesellschaft Aufklärung verlangt, wird nur darauf Wert gelegt, die Sache zuzudecken", sagte Vaxevanis selbst dazu im Interview der "Wiener Zeitung" (16. November). In Griechenland herrsche eine Clique von Politikern, Unternehmern und Journalisten. "Das korrupte System strebt nur danach, wie es in der Krise überleben kann", so Vaxevanis.