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Griechischer Schuldenschnitt vielleicht nicht freiwillig genug

Von Stefan Melichar

Wirtschaft
© © WZ-Grafik: Moritz Ziegler

Kommunalkredit-Bad-Bank braucht bis zu rund einer Milliarde Euro vom Staat.


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Wien. Auf die erste Erleichterung folgte banges Warten: Immerhin haben sich genug Gläubiger Griechenlands freiwillig bereit erklärt, am teilweisen Schuldenerlass für das schwer unter Druck stehende Land teilzunehmen, um 83,5 Prozent des gesamten ausstehenden Anleihenvolumens abzudecken. Das reicht allerdings nicht ganz aus, um die Bedingungen für weitere Hilfszahlungen von Eurozone und Internationalem Währungsfonds zu erfüllen - dafür wären mindestens 90 Prozent notwendig gewesen. Deshalb muss die Regierung in Athen nun auf Zwang zurückgreifen und sogenannte Umschuldungsklauseln aktivieren.

Diese wurden nachträglich per Gesetz für jene Anleihen festgelegt, die nach griechischem Recht begeben worden waren. Da 85,8 Prozent - also eine klare Mehrheit - des Anleihenvolumens nach griechischem Recht zum freiwilligen Schuldenschnitt angemeldet wurden, darf Griechenland die restlichen Investoren zwingen, ebenfalls zu partizipieren. Damit steigt die Teilnahmequote auf 95,7 Prozent. Ausgenommen bleiben nur Anleihen, die nach internationalem Recht ausgegeben wurden und nicht zum freiwilligen Schuldenschnitt angemeldet worden sind.

Damit ist zwar die Voraussetzung für das nächste Hilfspaket geschaffen (siehe Artikel unten). Doch gleichzeitig hat der Schuldenschnitt an den Finanzmärkten milliardenschwere Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps, CDS) ausgelöst. Denn der Internationale Derivate-Verband ISDA entschied am Freitagabend, dass nun ein "Kreditereignis" vorliege und die Griechenland-CDS ausgezahlt werden müssten. Die Folgen dieser Entscheidung sind international noch unklar, da niemand weiß, wer nun CDS besitzt und welche weiteren Effekte eintreten können. Gewiss ist vorerst nur, dass sie Österreich ziemlich teuer zu stehen kommen.

Weitere Staatshilfe nötig

Für die Abwicklungsbank der notverstaatlichten Kommunalkredit, die KA Finanz AG, bedeutet das Fälligwerden ihrer CDS einen Zusatzaufwand von 423,6 Millionen Euro, wie Kommunalkredit-Chef Alois Steinbichler bereits vor der ISDA-Entscheidung vorgerechnet hat. Dazu kommt laut seinen Angaben noch ein Schaden von rund 600 Millionen Euro aus Anleihen und Bilanzvorsorgen, der auf jeden Fall anfällt. (Alleine durch die Teilnahme am Schuldenschnitt muss die KA Finanz 228,8 Millionen Euro abschreiben.) Die KA Finanz wird das durch neuerliche Staatshilfen abdecken, die durch das Schlagendwerden der CDS rund eine Milliarde Euro ausmachen.

Teuer zu stehen kommt Griechenland auch die Kommunalkredit neu - den Bankteil, der weitergeführt werden soll. Der Kommunalkredit neu entsteht aus dem Schuldenschnitt und aus Vorsorgen eine Gesamtjahresbelastung von 172,1 Millionen Euro. Der Jahresverlust 2011 liegt damit - nach internationalen Bilanzierungsregeln - bei 140 Millionen Euro. Die Kernkapitalquote liegt laut Steinbichler dennoch bei rund 11 Prozent. Neue Staatshilfen seien hier nicht nötig.

Die mit Spannung erwartete Entscheidung über die CDS fällten bei der ISDA 15 namhafte Banken und fünf teils weniger bekannte Fondsgesellschaften. Unter Letzteren findet sich auch die Elliott Management Corporation, die sich einen Namen damit gemacht hat, nach lateinamerikanischen Staatspleiten per Gericht Forderungen durchzusetzen. Da Elliott nicht der einzige Fonds ist, der versucht, aus Staatspleiten Profit zu schlagen, stehen nun wohl auch Griechenland heikle Rechtsstreitigkeiten bevor.

Eurozone gibt Anreize

Finanzminister Evangelos Venizelos bezeichnete Investoren, die nicht am Schuldenschnitt teilnehmen und glauben würden, ihre gesamtes Geld wiederzuerhalten, am Freitag als "naiv". Dass Venizelos auf Anleihen nach griechischem Recht tatsächlich die Umschuldungsklauseln zur Anwendung bringen wolle, bestätigte auch Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker. Die Bedingungen des Schuldenschnitts sehen vor, dass die privaten Gläubiger auf 53,5 Prozent des Nennwerts ihrer Anleihen verzichten und diese in neue Papiere umtauschen, die eine längere Laufzeit und niedrigere Zinsen haben. Über die Jahre gerechnet beläuft sich der Verzicht somit auf mehr als 70 Prozent. Versüßt wird den Anlegern die bittere Pille dadurch, dass sie für einen Teil ihrer Ansprüche auch Anleihen des Euro-Hilfsfonds EFSF erhalten, die bereits nach zwei Jahren fällig sind. Für die Absicherung dieser Papiere nimmt die Eurozone 30 Milliarden Euro in die Hand.