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Grippe-Gefahr: Rettung aus dem Fernen Osten?

Von WZ-Korrespondentin Susanne Steffen

Wissen

Jährliche Impfung gegen Grippe ist vielleicht schon bald Vergangenheit. | Neuer Impfstoff braucht noch fünf Jahre zur Marktreife. | Tokio. Die ganze Welt wartet fieberhaft auf einen Impfstoff gegen die Mexikogrippe. Doch selbst wenn der Impfstoff wie geplant ab Herbst ausgeliefert wird, gibt es keine Sicherheit, dass er auch dann noch wirkt, wenn sich das Virus stark verändert, warnen Experten.


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Solche Sorgen könnten in Zukunft überflüssig werden. Denn japanische Forscher um Tetsuya Uchida vom staatlichen Institut für Infektionskrankheiten haben einen neuen Influenza-Impfstoff entwickelt, der nicht nur gegen eine Vielzahl von Influenza-Untertypen wirksam ist, sondern auch dann noch gegen Ansteckung schützt, wenn sich ein Virus stark verändert. Dieser Universalimpfstoff könnte die jährlich wechselnde Grippeimpfung ersetzen und gleichzeitig vor den gefürchteten, aus Tierviren mutierten "Super-Viren" schützen.

Herkömmliche Influenza-Impfstoffe bewirken, dass sich Antikörper bilden, die an den Protein-Stacheln auf der Außenhülle des Virus andocken und das Eindringen des Virus´ in Körperzellen verhindern. Auf diese Weise wird eine Infektion verhindert. Diese Proteinstacheln sind jedoch bei jeder Influenza-Unterart so unterschiedlich gebaut, dass der Körper für jede Unterart eigene Antikörper herstellen muss.

Neuer Impfstoff setztim Virusinneren an

Ein Impfstoff gegen Hong Kong-Grippe schützt daher nicht gegen die derzeit grassierende Schweinegrippe. Wenn ein Virus im Laufe der Zeit mutiert, verändern sich meist diese Stacheln auf der Virushülle. Je nachdem wie stark sich die Stacheln verändern, wird auch ein bereits entwickelter Impfstoff wirkungslos.

In ihrem Inneren verändern sich Viren dagegen eher selten, erklärt Virologe Uchida. Außerdem sind die Proteine im Virusinneren bei den meisten Influenza-Unterarten gleich. "Wenn wir also einen Impfstoff hätten, der im Virusinneren ansetzt, würde er gegen alle Unterarten schützen - auch wenn sie mutieren", sagt Uchida. Genau das ist seinem Team jetzt gelungen.

Künstlicher Virusaktiviert Immunsystem

Die Forscher haben ein Protein aus dem Inneren des Influenzavirus künstlich nachgebaut und so verpackt, dass es leicht in menschliche Zellen eindringen kann. Wird ein Mensch mit diesem künstlichen Virus geimpft, befällt es körpereigene Zellen. Das Immunsystem wird sofort aktiv und schickt sogenannte Killerzellen los, welche die infizierten Zellen abtöten. Folgt dann eine Ansteckung mit einem echten Influenza-Virus, kennen die Killerzellen das Virus bereits und töten die befallenen Zellen, bevor das Virus sich im Körper vermehren kann.

Im Tierversuch haben die Wissenschafter genetisch veränderte Mäuse geimpft und dann mit drei verschiedenen Influenza-Viren, darunter auch mit der potenziell extrem tödlichen Vogelgrippe (H5N1) infiziert. Während in der nicht geimpften Kontrollgruppe alle Tiere innerhalb von zwei Wochen verendeten, blieben die geimpften Mäuse symptomlos.

In etwa fünf Jahren könnte der Impfstoff auf den Markt kommen, glaubt Uchida. Die Methode ist vielversprechend. "Auf diese Weise könnten wir auch Impfstoffe gegen andere leicht mutierende Viren wie HIV oder SARS (schweres akutes Atemwegssyndrom) entwickeln", hofft Forschungsleiter Tetsuya Uchida.