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Abstimmung über mehr Autonomie. | Kopenhagen. Von der größten Insel der Welt zur reichsten Insel der Welt - in Grönland wird vom raschen sozialen Aufstieg geträumt. Viele der 56.000 Inselbewohner hoffen, dass enormer Rohstoffreichtum die ansonsten nicht gerade vorteilhaften wirtschaftlichen Bedingungen des Landes ausgleichen kann.
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Eine am Dienstag stattfindende Volksabstimmung soll die Voraussetzungen für den Wirtschaftsaufschwung schaffen: Die Bevölkerung soll entscheiden, ob die Insel in den Status der sogenannten "selvstyrre" (Selbststeuerung) übergeht und damit die Rohstoffvorkommen selber ausbeuten darf, statt das dem ehemaligen Kolonialherren Dänemark zu überlassen. Immerhin schätzt der U.S. Geological Service, dass in grönländischem Boden Öl im Wert von mehr als einer Billionen Dollar gelagert sein könnte. "Es ist zu erwarten, dass die Abstimmung positiv ausfällt. Dann hat Grönland es in der Hand, später komplett unabhängig zu werden. Dänemark wird dem Land keine Steine mehr in den Weg legen", sagt Marianne Krogh Andersen, Grönlandkennerin und Autorin des Buches "Grönland - mächtig und ohnmächtig".
Anfang des 18. Jahrhunderts errichtete der Missionar Hans Egede die erste dänische Kolonie auf Grönland. Seit 1979 betreibt Grönland weitgehend unabhängig von Dänemark Innenpolitik, ausgenommen sind u.a. das Rechtswesen und die Verwaltung der Rohstoffe.
Rohstoffpreise zur Zeit zu niedrig
Entscheidet sich die Mehrheit der Bevölkerung für "selvstyrre", steht nun der dritte und wohl letzte Schritt vor der kompletten Selbständigkeit bevor: Grönland soll bis auf die Außen- und Verteidigungspolitik alle Politikbereiche selber übernehmen dürfen. Das hieße auch, dass die Einnahmen aus dem Rohstoffexport Grönland zufielen. Im Gegenzug werden die Subventionen, die Kopenhagen überweist und die derzeit die Hälfte des grönländischen Haushaltes ausmachen, schrittweise verringert. Die ersten zehn Millionen Euro jährliche Einnahmen aus dem Rohstoffgeschäft soll Grönland selber behalten dürfen, danach wird der sogenannte "bloktilskud" reduziert. Für jede Krone, die die Insel einnimmt, überweist Kopenhagen 50 Öre weniger.
Derzeit zahlt das Festland an die Insel jährlich über 3 Milliarden Dänische Kronen (über 400 Millionen Euro) Zuschuss - über 7000 Euro pro Einwohner. Sobald Grönland also jährlich mehr als ca. 800 Millionen Euro durch Rohstoffe einnimmt, zahlt Dänemark nichts mehr. Die Ausbeutung der Bodenschätze ist allerdings unter den arktischen Bedingungen teuer und rechnet sich derzeit nicht: "Wegen der Wirtschaftskrise sind die Rohstoffpreise jüngst drastisch gesunken, damit Grönland wirklich gute Geschäfte machen kann, muss sich das erst wieder ändern", sagt Christen Sørensen. Der Ökonom berät die dänische Regierung seit 1996 in Sachen grönländische Wirtschaft.
Sicherheitshalber hat Grönland sich schon einmal nach anderen Exportgütern umgesehen: Findige Politiker wollen Gletscherwasser als Trinkwasser teuer in die USA und nach Japan verkaufen.