)
Maori kamen nach Neuseeland und brauchten Vögel als Nahrung zum Überleben. | Schwesternart existiert nicht mehr. | Dunedin/Berlin. Eigentlich wollten die Forscher von der Abteilung Wildlife Management an der Otago University in Dunedin in Neuseeland nur wissen, wie viele der stark gefährdeten Gelbaugenpinguine es früher gab. Ansonsten glaubten sie nämlich, deren Geschichte gut zu kennen. Doch was sie herausfanden, ließ die Wissenschafter staunen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Nachdem die Polynesier um 1280 Neuseeland erreicht hatten, jagten sie diese 65 Zentimeter großen Vögel. Und die Europäer, die seit 1769 ins Land kamen, holzten mit den Küstenwäldern an der Ostküste der Südinsel die Brutgebiete der Vögel ab. Die Population sei daher auf heute nur noch 4800 erwachsene Gelbaugenpinguine dezimiert worden, nahmen Wissenschafter und Naturschützer bisher an. Als aber Sanne Boessenkool, Jonathan Waters und Phil Seddon von der Otago University das Erbmaterial von heute lebenden Vögeln mit der DNA aus fossilen Pinguin-Knochen verglichen, erlebten sie eine Riesenüberraschung: Der Gelbaugenpinguin Megadyptes antipodes erreichte die Südinsel Neuseelands erst vor rund 500 Jahren.
Erbgut-Fragmente
Vor dieser Zeit fanden die Forscher in ihren Proben kein einziges Erbgut-Fragment dieser Art. Stattdessen entdeckten sie in den fossilen Pinguin-Knochen DNA, die zu einer zwar nahe verwandten, aber eindeutig anderen Schwesternart gehören musste. Das Erbgut dieser den Forschern vorher unbekannten Spezies, die sie Megadyptes waitaha tauften, steckte dagegen kein einziges Mal in Fossilien, die jünger als 500 Jahre waren. Eine weitere Beobachtung gab dann den entscheidenden Hinweis auf das Geschehen um diese Pinguine: Auffallend häufig hatten die Forscher DNA der Art Megadyptes waitahi in den Überresten von Siedlungen der Polynesier gefunden, die sich seit ihrer Ankunft in Neuseeland Maori nennen.
Damit ergibt sich ein schlüssiges Bild: Als die Maori um 1280 von der Südsee aus die Südinsel Neuseelands erreichten, fanden sie eine Küste vor mit Schnee und Gletschern auf Bergen und Frost in kalten Winternächten. Viele der mitgebrachten Nutzpflanzen vertrugen dieses Klima schlecht. Die meisten auf Neuseeland heimischen Gewächse wiederum waren ungenießbar. Also wichen die Maori auf die vielen großen Vögel aus, die auf Neuseeland lebten, die keine Scheu vor Menschen hatten und die vor allem auch deren Magen füllten. Viele dieser Arten kannten keine Jäger und waren diesen daher hilflos ausgeliefert. In einer Art Großangriff aus Notwendigkeit rotteten die Maori daher etliche Arten aus, auch Megadyptes waitaha. "Vor mehr als 500 Jahren war die Art recht häufig, danach verschwand sie schnell", so Phil Seddon.
Vermutlich lebten damals auf den ein paar hundert Kilometern südlich von Neuseeland liegenden Auckland- und Campbell-Inseln die gleichen Gelbaugenpinguine, die auch heute noch dort brüten. Einige von ihnen erreichten wohl immer wieder einmal die Südinsel Neuseelands, konnten sich dort aber nicht halten, weil die Konkurrenz durch die Schwesternart Megadyptes waitaha, aber auch durch Seelöwen und Seebären einfach zu groß war. Vor 500 Jahren aber hatten die Maori die Schwesternart der Gelbaugenpinguine ausgerottet und die ebenfalls leicht zu erbeutenden Meeressäugetiere erheblich dezimiert.
Chance, zu übersiedeln
Jetzt hatten die Gelbaugenpinguine die Chance, zu übersiedeln, die sie nutzen konnten. Denn die Maori hatten zwischenzeitlich an den Küsten kaum noch Beute gefunden und waren daher in weiter im Landesinneren gelegene Jagdgründe gezogen. "Und wenn die modernen Neuseeländer den erst kurz vor ihnen angekommenen Gelbaugenpinguinen ein paar Stücke Küstenwälder lassen oder wieder anpflanzen, sollten die Vögel dauerhaft überleben können", ist sich Phil Seddon sicher.