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"Große Chancen" für Flüchtlinge im Westen

Von Karl Ettinger

Wirtschaft

Bei einer Jobbörse wurde versucht, arbeitslose Asylberechtigte aus Wien zu Touristikern, Betrieben und Bauern zu bringen.


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Karin König-Gassner hatte ihr persönliches Erfolgserlebnis schon früh am Dienstag. Einen arbeitssuchenden Asylberechtigten wollte sie, so ihr selbstgestecktes Ziel, für die Tourismus-Organisation workforus, in der 29 renommierte Betriebe in Salzburg vereint sind, fix für einen Job verpflichten. Tatsächlich war nicht einmal zwei Stunden nach Beginn der Jobbörse für Flüchtlinge in einer Halle in Wien-Favoriten mehr als ein Dutzend ernsthafter Anwärter beim Stand vorstellig geworden.

Das Anliegen der quirligen Tourismus-Verantwortlichen gilt umgelegt auch für die Bundesregierung und das Arbeitsmarktservice (AMS). Möglichst vielen anerkannten Flüchtlingen in der Bundeshauptstadt soll eine Stelle in einem Hotel oder Gastronomiebetrieb oder auch in anderen Unternehmen in Westösterreich schmackhaft gemacht werden.

31.549 Asylberechtigte sind arbeitssuchend gemeldet

Mit 31.549 arbeitslos gemeldeten Asylberechtigten ist deren Zahl Ende Februar dieses Jahres zwar im Jahresabstand um fünf Prozent gesunken. Zwei Drittel davon leben in Wien, während in Salzburg, Tirol und Vorarlberg 15.458 offene Stellen verzeichnet sind. Es sind aber keineswegs nur Tourismusbetriebe, die mit Broschüren und gutem Zureden arbeitsfähige Asylberechtigte zur Arbeit anwerben wollen.

Nicht weit davon ist ein Stand aus Kirchdorf an der Krems in Oberösterreich, der auch für metallverarbeitende Unternehmen Fachkräfte bräuchte. In einer anderen Koje ist ein bekannter Telefonie-Anbieter, der unter anderem Flüchtlinge für Lehrplätze sucht. Stände aus Vorarlberg, Tirol, daneben eine Koje für die Hauskrankenpflege in Wien: Rund 50 Unternehmen sind am Dienstag bei der Jobbörse vertreten. Mehr als 1000 Asylberechtigte spazieren neugierig herum, wollen an einzelnen Ständen Genaueres wissen, geben ihre Kontaktdaten an. Einige von ihnen haben bei den Gemüsebauern-Vertretern aus dem Bezirk Eferding in Oberösterreich ihr Interesse bekundet. Die Landwirtschaft braucht längst ganzjährig Arbeitskräfte.

Jobbörsen gab es auch schon in den Bundesländern. Nur dort sind nicht zwei Ministerinnen dabei, nämlich Arbeitsministerin Christine Aschbacher und Integrationsministerin Susanne Raab. Sie haben wie der ebenfalls anwesende Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer vor allem ein Ziel im Auge: den Flüchtlingen zu vermitteln, es gebe "große Chancen im Westen", wie es der oberste Wirtschaftsboss formuliert. Man wolle aus Leistungsempfängern Leistungsträger der Gesellschaft machen, sagte Aschbacher.

Einen Anerkennungspreis gab es auch - für einen Asylberechtigten und einen Betrieb. Norman Yousef ist für eine Kochlehre im Designhotel Haus Hirt von Wien nach Bad Gastein übersiedelt. Für die Ministerin ist er ein Vorbild für junge Menschen, die eine Arbeitsstelle suchen. Fünf Flüchtlinge machen in diesem Hotelbetrieb die Ausbildung zum Koch, was auch gegenseitige Hilfe und Zuspruch ermöglicht.

Mehr als 40 Prozent fanden eine Arbeitsstelle

Die frühere ÖVP-FPÖ-Regierung hat in der gleichen Halle im Jänner 2019 auch eine Jobbörse über das AMS organisieren lassen. Nach einer ersten AMS-Bilanz haben, wie am Dienstag berichtet, nur rund ein Fünftel von gut 1000 Betroffenen einen Job gefunden. Nun wurde eine neuere AMS-Statistik vorgelegt, die AMS-Chef Johannes Kopf mehr Freude bereitet. Nach einem halben Jahr haben 45 Prozent der Besucher der vorjährigen Jobbörse eine Stelle gefunden. Diese Quote bei der Jobbörse entspricht jener bei den anerkannten Flüchtlingen der Jahre 2015 und 2016, wie das AMS erläutert. 2017 waren es 42 Prozent, 2018 schließlich 40 Prozent, die einen Job gefunden haben.

Dennoch bewege sich die Zahl der Asylberechtigten, die als arbeitssuchend gemeldet sind, österreichweit bei rund 30.000. Grund dafür ist, dass pro Jahr 500 bis 900 weitere dazugekommen sind. Die Integration der Asylberechtigen sei noch immer eine große Aufgabe, räumte AMS-Chef Kopf ein. Es handle sich aber nicht mehr um eine "Herkulesaufgabe" wie noch nach 2015.