Auf den iranischen Präsidenten Hassan Rohani warten viele Herausforderungen. Donald Trump dürfte eine davon sein.
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Teheran/Wien. Auf den wiedergewählten moderaten iranischen Präsidenten Hassan Rohani wartet viel Arbeit. Nach der Euphorie und ausgiebigen Straßenfesten haben die Perser große Erwartungen. Es ist ein sehr schwerer Rucksack, den der 68-Jährige zu tragen hat. Die Bevölkerung erwartet, dass die Regierung ihre Wahlversprechen so rasch wie möglich umsetzt.
Was sind die größten Herausforderungen? Erster und wichtigster Brocken ist die Verbesserung der Wirtschaftslage. Nach dem Atom-Deal und der Aufhebung der nuklearbezogenen Sanktionen muss Rohani versuchen, die großen europäischen Banken, die wegen US-Sanktionen außerhalb des Atomabkommens die iranischen Handelsprojekte mit dem Westen nicht finanzieren wollen, zu überzeugen, einen Schwenk zu vollziehen. Zudem fehlt es an großen Flaggschiffprojekten wie etwa jene mit Boeing und Airbus.
Die Inflation konnte Rohanis Regierung zwar von 42 Prozent im Jahre 2013 auf 8,9 Prozent 2017 senken, und die Arbeitslosigkeit von 20 Prozent auf 11 Prozent reduzieren, doch der Alltag vieler Menschen sieht nach wie vor so aus, dass sie zwei und mehr Jobs nachgehen müssen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Eine Grundvoraussetzung für die Konsolidierung der Wirtschaft ist jedoch, dass den Revolutionsgarden Macht und Einfluss entzogen wird. Derzeit kontrollieren sie weite Teile der iranischen Wirtschaft. Ob Rohani ihren Einfluss zurückdrängen kann, ist aber fraglich.
Mehr Rechte im Alltag
Ein weiteres Wahlversprechen ist die Verbesserung der Menschenrechte: Eine Bürgerrechtscharta mit deutlich mehr Frauenrechten ("Frauen dürfen besonders am Arbeitsmarkt nicht mehr diskriminiert werden"), die Freilassung der politischen Gefangenen wie Mirhossein Mousavi und Mehdi Karroubi und der Stopp der Festnahmen politisch anders denkender und der Hinrichtungen. Zudem haben die Hardliner die staatlichen Medien fest in der Hand, eine unabhängige Berichterstattung gibt es hier nicht.
Begrenzte Machtbefugnisse
Ein anderer Auftrag der iranischen Jugend an die Regierung ist, endlich die Sozialen Medien zu legalisieren, um nicht mehr auf Filterbrecher angewiesen zu sein. Rohani und alle iranischen Politiker, sogar der Obersten Geistliche Führer, Ayatollah Seyed Ali Khamenei, haben diverse Accounts auf Twitter, YouTube, Facebook und Instagram, auch wenn diese Plattformen offiziell verboten sind.
Auch wenn Rohani all diese Dinge in seinen Kampagnen 2013 und 2017 versprochen hat, sind seine realen Entscheidungsbefugnisse begrenzt. Der Justizapparat zum Beispiel agiert völlig eigenständig von der Regierung. Außenpolitisch muss der Iran sich gleich mehreren Baustellen widmen. Primär geht es dabei aber um eine Neudefinition des Verhältnisses zu Saudi-Arabien. Die beiden Erzrivalen, die um die Vorherrschaft im Nahen und Mittleren Osten buhlen, unterhalten seit Jänner 2016 wegen der Hinrichtung eines schiitischen Geistlichen im Königreich und des darauffolgenden Sturms auf die saudische Vertretung in Teheran keine diplomatischen Beziehungen mehr miteinander.
Trump wettert gegen Teheran
Der Iran hat den Saudis und all seinen anderen Nachbarn laut Außenminister Javad Zarif zwar "die ausgestreckte Hand und Frieden angeboten", doch Riad bleibt skeptisch und festigt seine in den letzten Jahren angeschlagene Achse zu Washington mit einem 110 Milliarden-Dollar-Waffendeal. Es kann durchaus als ein deutliches Signal an Teheran gesehen werden, dass US-Präsident Donald Trump seine erste Auslandsreise bewusst ins sunnitische Königreich unternahm, um wie er sagte, den Saudis in dieser "Schlacht zwischen Gut und Böse" seine Partnerschaft anzubieten. Das Übel des Terrorismus könne nur gemeinsam überwunden werden, sagte Trump, der konkret ein Abkommen mit mehreren Golfstaaten zum Kampf gegen die Finanzierung von Terrorgruppen ankündigte. Dem Iran gab er die Schuld an "so viel Instabilität in dieser Region". Damit schlug er in dieselbe Kerbe wie sein greiser Gastgeber, König Salman. Dieser warf dem Iran vor, seit der Revolution 1979 "die Speerspitze des globalen Terrorismus" zu sein.
Der US-Präsident, der nach Saudi-Arabien Israel besuchte, setzte seine Anti-Iran-Tiraden am Montag fort. "Der Iran darf niemals eine Atomwaffe haben", wetterte er nach einem Treffen mit Staatspräsident Reuven Rivlin. Der Iran müsse das Anfachen und die Unterstützung des Terrorismus beenden, forderte er weiter. Von einem permanenten direkten Dialog zwischen Washington und Teheran, wie es ihn unter Trumps Vorgänger Barack Obama über die beiden Außenminister, John Kerry und Zarif gegeben hatte, ist man derzeit Lichtjahre entfernt.
Metropolen gehen an Reformer
Rohani weiß, dass er gewählt wurde, damit der Iran nicht wieder isoliert wird. Auf Online-Plattformen fordern vor allem viele junge Iraner, dass es nun auch Taten und Fakten statt einem permanenten Lächeln und Worthülsen gibt. Rohani soll sich zudem wieder mehr um die Anliegen der einfachen Bürger kümmern.
Der Präsident hat in seiner ersten Stellungnahme nach der Wahl auch angedeutet, dass er sich künftig mehr aus dem Fenster lehnen will. "Die nächste Regierung wird effektiver sein und auch weniger Fehler machen", sagte Rohani. Die Stimmen der Bürger würden verschiedene Botschaften reflektieren. Jugendliche machten sich Sorgen um ihre Zukunft, Frauen um ihre sozialen Rechte, religiöse Minderheiten um ihren Status sowie Eltern um das Schicksal ihrer Kinder. Er werde auf alle diese Botschaften eingehen. "Der Iran hat nicht für eine Person gestimmt, sondern de facto für den zukünftigen Kurs des Landes und diesen Weg werden wir gehen", erklärte er.
Gestärkt wird Rohanis Rücken durch den Erfolg der Reformer bei den Stadt- und Gemeinderatswahlen, die ebenfalls wie die Präsidentschaftswahl am Freitag stattfanden. In der Hauptstadt Teheran etwa hat die von Mohsen Hashemi Rafsanjani (Sohn des im Jänner verstorbenen Ex-Präsidenten Akbar Rafsanjani) angeführte Liste bei den Kommunalwahlen alle 21 Sitze gewonnen. Der erzkonservative Bürgermeister Bagher Ghalibaf muss seinen Sessel räumen. Die Hardliner verloren aber nicht nur die Hauptstadt, sondern auch die zweit- und drittgrößten Städte, Mashhad und Isfahan.