)
Mit einem historischen Handschlag hat im Nahost-Friedensprozess am Mittwoch in Akaba eine neue Phase begonnen. Der israelische Ministerpräsident Ariel Sharon und sein palästinensischer Kollege Mahmud Abbas (Abu Mazen) besiegelten in dem jordanischen Küstenort mit dem Händedruck öffentlich den Willen zu einer neuen Partnerschaft, die ohne den massiven Druck von US-Präsident George W. Bush nicht zu Stande gekommen wäre.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 22 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die durch den Irak-Krieg völlig veränderte Lage in der Region, die Kehrtwende der Amerikaner hin zu vollem Nahost-Engagement und die neue palästinensische Führung geben dem Frieden eine neue Chance. Doch große Gesten wie der erste gemeinsame öffentliche Auftritt von Sharon und Abbas sowie Bushs demonstratives Schulterklopfen für den Palästinenser reichen nicht aus, um die Vision des Friedens in die Realität umzusetzen.
Die Skepsis unter Israelis und Palästinensern ist weiterhin groß. Die Zweifel der Palästinenser an den guten Absichten des israelischen Regierungschefs sind überwältigend. "Ich glaube nicht seinen Worten, sondern nur seinen Taten", meinte Abbas zu Sharons Erklärung, Israel wolle und müsse die Besatzung über die 3,5 Millionen Palästinenser beenden. Die Israelis fragen sich, ob es Abbas gelingen wird, die gewaltbereiten Gruppen Hamas, Islamischer Heiliger Krieg und Al-Aksa-Brigaden in Schach zu halten.
Unklar ist auch, ob Bush es wirklich geschafft hat, die Unterstützung der arabischen Staaten für den "Fahrplan" zu gewinnen. In Sharm el Sheikh bekräftigten die eingeladenen arabischen Führer zwar ihre Unterstützung für Abbas und erteilten dem Terrorismus eine klare Absage. Doch soll es hinter verschlossenen Türen hart zur Sache gegangen sein.
Dennoch sind Beobachter überzeugt, dass die Aussichten für eine erfolgreiche Umsetzung des internationalen Nahost-Fahrplans selten besser waren. "Wir leben alle vom Prinzip Hoffnung", meinte ein europäischer Gesandter in Ramallah vor dem Gipfeltreffen von Akaba. "Es ist kaum vorstellbar, was passieren würde, wenn auch diese Initiative scheitert."
In der Person von Abbas hat ein Palästinenser die Regierungsgeschäfte übernommen, der Architekt des Oslo-Abkommens war und als entschiedener Befürworter der Aussöhnung mit den Israelis gilt. Auf der Gegenseite steht Sharon, ein politischer Falke, der aber - anders als sein politisch schwacher Vorgänger Ehud Barak - eine deutliche Bevölkerungsmehrheit hinter sich hat und mit Hilfe des linken Friedenslagers auch eine Parlamentsmehrheit, mit der er nahezu jedes Abkommen durchsetzen kann. Hinzu kommt, dass Sharon nach einem Vermächtnis für Israel strebt. "Sharon ist entschlossen, seine politische Karriere mit einem De-Facto-Frieden mit den Palästinensern zu beenden", sagt sein außenpolitischer Berater Salman Shoval.
Der Anstoß für die neue Initiative kam von Bush. Er ließ sich von seinem Kriegskoalitionspartner Tony Blair überzeugen, dass die Araber nach dem spaltenden Irak-Krieg nur mit einer Sache bei der Stange zu halten sind: der Aussicht auf eine Lösung der Palästina-Frage. Jetzt betont Bush, dass er persönlich nicht locker lassen will, bis der Nahost-Frieden unter Dach und Fach ist - eine 180-Grad-Wende für den US-Präsidenten, der mit der Absicht angetreten
war, sich aus Konflikten fern der Heimat am besten herauszuhalten. Skeptiker fürchten, dass sein Einsatz im bevorstehenden Wahlkampf erlahmen könnte.