Auch Kritiker rufen zur Wiederwahl auf. | Konfrontation mit Demokraten machte sich nicht bezahlt. | San Francisco (apa) Das Rennen scheint bereits gelaufen, rund zwei Wochen vor der Wahl: Außer Phil Angelides selber, seiner Familie und seinem engsten Unterstützerkreis glaube wohl niemand mehr an einen Wahlsieg des demokratischen Herausforderers von Gouverneur Arnold Schwarzenegger, heißt es in der "Los Angeles Times". Der Amtsinhaber Schwarzenegger steuert auf seinen zweiten Wahlsieg zu - diesmal bei ordentlichen Gouverneurswahlen in Kalifornien am 7. November.
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In allen Umfragen liegt Schwarzenegger mit zweistelligem Vorsprung vor Angelides. Auch die Schwarzenegger-kritischen Zeitungen "Los Angeles Times" und "San Francisco Chronicle" rufen ihre Leser zur Wiederwahl des Austro-Amerikaners auf.
Im Jahr 2003 hatte der Republikaner Schwarzenegger noch den "Quereinsteiger-Bonus", als er den wenig charismatischen demokratischen Gouverneur Gray Davis nur ein Jahr nach dessen Wahlsieg bei außerordentlichen "Recall-Wahlen" aus dem Sessel hob. Mit einem Besen wollte er in der Hauptstadt Sacramento auskehren, versprach er vollmundig, und segelte in einem durchgestylten Wahlkampf direkt ins höchste Amt Kaliforniens.
Doch der Konfrontationskurs mit den Demokraten, die im kalifornischen Parlament in beiden Häusern die Mehrheit stellen, ging schief. Schwarzenegger biss sich an den Gewerkschaften die Zähne aus - und verlor viel Wählergunst, als er versuchte, sich sogar mit Lehrervertretern und Krankenschwestern anzulegen.
In einem Jahr die Werte der Umfragen gedreht
Im Oktober 2005 erreichte Schwarzeneggers Beliebtheit einen Tiefstand - nur 37 Prozent schätzten seine Arbeit, 56 Prozent der kalifornischen Wähler hatten sich laut einer Umfrage von "Field Poll" von ihm abgewandt. In nur einem Jahr konnte er diese Werte praktisch umdrehen - laut einer "Los Angeles Times"-Befragung wollen 56 Prozent der Kalifornier ihm nun ihre Stimme geben. Gelungen ist der Wandel durch öffentliches Eingestehen von Fehlern und Versäumnissen - sowie durch einen Kurswechsel: Statt Konfrontation heißt es seit einem Jahr in Sacramento Kooperation. Schwarzenegger hat die "Große Koalition" entdeckt - und fährt nun ausgezeichnet damit.
Bei Steuern konservativ, bei Umwelt progressiv
"In Steuerfragen konservativ, in Gesellschaftspolitik gemäßigt und in Umweltfragen progressiv", so lautet das Credo des Gouverneurs, und damit scheint er die politische Mitte Kaliforniens abzudecken. Denn obwohl Kalifornien als "Blue State", also als demokratisch dominiert gilt, Steuererhöhungen haben auch die liberalen Kalifornier nicht gerne.
Im Silicon Valley will man Dot.Com-Millionär werden, und auch viele Einwanderer aus Mexiko und Asien träumen lieber den "Amerikanischen Traum" von Reichtum, als dass sie sich für höhere Unternehmens- und Vermögensbesteuerung zu Gunsten eines Sozialsystems einsetzen. Immerhin hat Schwarzenegger - nach mehrmaligem Veto - nun im Wahljahr der von den Demokraten schon lange geforderten Erhöhung des Mindestlohns auf 8 Dollar (6,34 Euro) pro Stunde zugestimmt.
Die Masse der wenig parteipolitisch Interessierten hat Schwarzenegger mit seiner Umwelt- und Klimaschutzpolitik gewonnen. Im Gegensatz zu den Energie- und Umweltpolitikern im Umfeld des Weißen Hauses in Washington, für die die Erderwärmung und Klimaveränderungen kein oder nur ein geringes Problem darstellen, hat Schwarzenegger das Problem erkannt und spricht es offen an.
Der gescheiterte demokratische Präsidentschaftskandidat Al Gore hat mit seinem aufrüttelnden Buch und Film "Die unbequeme Wahrheit" über den Klimawandel viele Amerikaner verunsichert - der Republikaner Schwarzenegger fährt nun die politische Ernte des neuen Umweltbewusstseins der Amerikaner ein.
Damit setzt er seinen Parteifreund US-Präsident George W. Bush unter Druck, der das Kyoto-Protokoll zum Klimaschutz weiter torpediert. Während Bush der Wirtschaftsentwicklung Priorität vor Umweltschutz einräumt, verspricht Schwarzenegger den Kaliforniern, dass beides gleichzeitig geht: Umwelt- und Klimaschutz sowie ungebremstes Wirtschaftswachstum.
Daher setzt der "ergrünte" Republikaner auf die Förderung neuer, umweltschonender Technologien, auf den Handel mit Emissionszertifikaten - von Kritikern auch als "Ablasshandel" charakterisiert - und auf Zusammenarbeit mit der Industrie. Seiner republikanischen Parteifarbe "Rot" und den unternehmensfreundlichen Prinzipien seiner Politik bleibt Schwarzenegger also treu - das Grüne Element ist dazugekommen.