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Große Koalition: Die Krisenfeuerwehr setzt auf Investitionsförderung und Standortsicherung

Von Stefan Melichar

Analysen

Das Regierungsprogramm von SPÖ und ÖVP steht ganz im Zeichen der Wirtschaftskrise. Gleich zu Beginn des 260-Seiten-Papiers wird den Themen Konjunktur und Arbeitsmarkt umfassend Raum gewidmet: Nach dem Bankenhilfspaket und einem ersten Konjunkturpaket - in erster Linie das Vorziehen von Infrastrukturinvestitionen bei ÖBB und Asfinag - haben sich die künftigen Regierungspartner auf weitere Maßnahmen zur Konjunkturankurbelung geeinigt. | Dabei wird einmal mehr der Bauwirtschaft unter die Arme gegriffen. So soll die Bundesimmobiliengesellschaft in den kommenden beiden Jahren Sanierungsmaßnahmen im Ausmaß von 875 Millionen Euro durchführen. SPÖ und ÖVP setzen wohl darauf, dass sich Investitionen in die Baubranche traditionell rasch auf den Arbeitsmarkt auswirken. Einerseits ist die Auftragslage am Bau derzeit noch gut, andererseits stammt der Großteil der Ende Oktober beim Frühwarnsystem des AMS vorsorglich zur Kündigung angemeldeten 30.000 Arbeitskräfte aus diesem Bereich.


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Ein weiteres Kernstück des Konjunkturpakets ist dagegen branchenunabhängig: Durch Steuerbegünstigungen im Ausmaß von insgesamt 570 Millionen Euro sollen 2009 und 2010 Investitionsanreize für Unternehmen gesetzt werden. Befristet auf zwei Jahre ist die degressive Abschreibung von beweglichen Wirtschaftsgütern erlaubt. Abschreibungen erfolgen nun nicht gleichmäßig über die gesamte Nutzungsdauer, sondern jeweils zu einem fixen Prozentsatz des verbliebenen Buchwerts. Dadurch können vor allem in den ersten Jahren höhere Summen steuerlich geltend gemacht werden.

Die konkreten Konjunktur-Maßnahmen sind allerdings nur für die kommenden beiden Jahre budgetiert. Ist die Krise dann nicht besiegt, gerät wohl auch der veranschlagte Haushaltsplan ins Wanken.

Insgesamt setzt die künftige Regierung darauf, den heimischen Wirtschaftsstandort vor möglicherweise negativen internationalen Einflüssen zu schützen: Einerseits sollen Bürger aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten nur in Ausnahmefällen vor 2011 in Österreich einer Arbeit nachgehen dürfen. Andererseits bekennen sich SPÖ und ÖVP zur vollständigen Gratiszuteilung von CO2-Zertifikaten für energieintensive Industriezweige, die sonst mit Abwanderung drohen. Beide Punkte könnten auf EU-Ebene noch zu heftigen Diskussionen führen.

Als Helfer in der Krise soll scheinbar auch der Tourismus fungieren, der als "wichtiger Beschäftigungsmotor mit Standortgarantie" gewürdigt wird. Ein großes Fragezeichen bleibt indes, inwieweit die vereinbarte Einkommensteuer-Entlastung tatsächlich den Konsum ankurbelt. Wenig konkretes gibt es zu einer Steuerstrukturreform. Dabei könnte gerade eine solche den Faktor Arbeit entscheidend entlasten und beschäftigungsfördernd wirken.

Zwar formulieren SPÖ und ÖVP das Ziel, "Wachstum und Vollbeschäftigung" zu sichern. Letztlich muss die Regierung aber darauf achten, als Krisenfeuerwehr nicht gänzlich in die Defensive gedrängt zu werden.