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Große Steuerreform oder Tarifanpassung?

Von Leopold Bernd Fruhmann

Politik

Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten anzusehen, stellte der Finanzausschuß entgegen bisheriger | höchstgerichtlicher Spruchpraxis fest. Als Beispiel nannten die Abgeordneten den technischen Angestellten, der eine HTL absolviert. | Ausgebaut wird auch die Förderung der Lehrausbildung: Zum bestehenden Freibetrag von 20.000 Schilling im ersten Lehrjahr kommen weitere 20.000 nach Ende des Lehrverhältnisses und noch einmal 20.000 | bei erfolgreicher Lehrabschlußprüfung. | Begünstigte Eingenkapitalzufuhr | Eigenkapital macht Betriebe krisensicher und verbessert ihre Chancen auf den globalisierten Märkten. Daher wird die Eigenkapitalzufuhr in buchführenden Betrieben künftig steuerlich gefördert. Die | Verzinsung des Eigenkapitalzuwachses wird vom Betriebsgewinn abgezogen und mit 25 Prozent endbesteuert. Diese Neuregelung gilt nur für Einzelunternehmer, Mitunternehmer und personenbezogene | Körperschaften mit erheblicher Außenfinanzierung. Ausgenommen bleiben Sparkassen, Versicherungsvereine, Stiftungen und Einnahmen-Ausgaben-Rechner. Mittels Abänderungen haben die Regierungsparteien | klargestellt, daß das Eigenkapital bei Eröffnung und Erwerb eines Betriebes null beträgt. | Vorteile für Junge und kleine Betriebe | Unentgeltliche Betriebsübergaben in "Pensionsfällen" werden bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer erst ab einem Wert von 5 Mill. Schilling besteuert. Für die Schenkungssteuer wird eine | · von Notaren und Rechtsanwälten abzuwickelnde · Selbstberechnung eingeführt. Betriebsneugründungen werden von Gebühren befreit, lohnabhängige Abgaben und Beiträge im Gründungsjahr um 7 Prozentpunkte | gesenkt. Zu den Voraussetzungen für eine geförderte Betriebsneugründung zählen, so die Präzisierung des Ausschusses, eine "Selbsterklärung" des Gründers und eine begleitende qualifizierte Beratung | durch eine Kammer, oder, wo eine solche nicht besteht, durch die Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft. Die Erstattung bereits entrichteter Abgaben, Gebühren und Bei


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Die Beurteilungen schwankten zwischen Lob für die "größte Steuerreform der Geschichte" und Kritik an einer "bloßen Tarifanpassung", als der Finanzausschuß in zweitägigen Beratungen Anfang Juni die

"Steuerreform 2000" ausverhandelte und plenumsreif machte. Die parlamentarische Arbeit war überaus ambitioniert, denn die Zeit drängte und auf dem Verhandlungstisch lag ein Berg von Vorlagen: ein 273

Seiten starker Regierungsentwurf, ein umfangreicher Abänderungsantrag, eine zusätzliche Initiative auf Änderung des Normverbrauchsabgabegesetzes und zwei Entwürfe für Auschußfeststellungen seitens

der Koalition sowie 33 Anträge bzw. Entschließungsanträge der Oppositionsparteien und ein Abänderungsvorschlag der Grünen. Für den Finanzausschuß und seinen routinierten Vorsitzenden Ewald Nowotny

eine Gelegenheit mehr, seinen Ruf als besonders sachliches und effizientes Gremium unter Beweis zu stellen.

Nach Zuweisung von Verhandlungsgegenständen beriet der Unterausschuß am 1. Juni zunächst bis in die Abendstunden Regierungsvorlage und Anträge im Detail. Tags darauf, am 2. Juni, nahm der

Vollausschuß die Regierungsvorlage unter Berücksichtigung der SP-VP-Änderungswünsche und die Novellierung des Normverbrauchsabgabegesetzes mit der Mehrheit der Koalitionsparteien an. Die Liberalen

akzeptierten Einzelheiten bei der Anpassung der Elektrizitätsabgabe an die Liberalisierung des Strommarktes und unterstützten zudem eine der beiden Ausschußfeststellungen, nämlich jene zur Entlastung

von Aus- und Weiterbildungsaufwendungen. Die FPÖ bejahte die Verlängerung der Frist für die Steuerspaltung bis zur Einführung eines zivilrechtlichen Spaltungsrechts für Erwerbs- und

Wirtschaftsgenossenschaften. Einstimmig verlangte der Finanzausschuß die von SPÖ und ÖVP vorgeschlagene Studie zur Einkommenssituation in Österreich. Die Anträge der Opposition fanden keine Mehrheit.

Abgelehnt wurde auch das Verlangen der FPÖ auf Abhaltung eines Expertenhearings zum Thema Steuerreform.

Entlastung von Einkommen und Familien

Die "Steuerreform 2000" beeindruckt in erster Linie durch ihren finanziellen Umfang. Kernstück des Reformwerks ist die Neugestaltung des Lohn- und Einkommensteuertarifs zur Kompensation der vom

Finanzminister mit 10 Mrd. Schilling bezifferten "kalten Progression". Der neue Tarif wird die Steuerlast der Lohn- und Einkommensbezieher im Jahr 2000 um 15,1 Mrd. Schilling verringern, bis 2002

wird der Entlastungseffekt auf 17,1 Mrd. Schilling zunehmen. Pro Einkommen liegt der Vorteil zwischen 1.500 und 7.000 Schilling jährlich, mittlere Verdiener können mit einem Nettoplus von 4.000

Schilling rechnen. Gemeinsam mit dem im Jahr 1998 beschlossenen und teilweise bereits wirksamen 12 Mrd.-Schilling-Familiensteuerpaket wird die Steuerreform den arbeitenden Menschen und den Familien

eine Entlastung bringen, die in Summe von 27 Mrd. im Jahr 2000 auf 29 Mrd. Schilling im Jahr 2002 steigen wird.

Darüber hinaus enthält die "Steuerreform 2000" gezielte Impulse für die Wirtschaft. Um den Betrieben Anreize für Investitionen in Forschung und zur Qualifikation ihrer Mitarbeiter zu geben, wird der

Forschungsfreibetrag auf 25 Prozent angehoben. Neue oder zusätzliche Forschungen, die über die Aufwendungen der letzten drei Wirtschaftsjahre hinausgehen, werden mit 35 Prozent gefördert. Die

unterschiedliche Behandlung von Eigen- und Fremdforschung wird aufgegeben. Dazu kommt ein Freibetrag von bis zu 9 Prozent für die Qualifikation von Arbeitnehmern in Form einer zusätzlichen

Betriebsausgabe, wobei die Unterscheidung zwischen Ausbildung und Fortbildung bei den Abzugsmöglichkeiten gelockert wird.

Alle beruflichen Bildungsaufwendungen, ausgenommen AHS oder Universität, sind als