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Größe und Stärke als Krisen-Atout

Von Karl Leban

Wirtschaft

Geringes Wachstum der Versicherungsbranche 2009 "durchaus möglich". | Höherer Bawag-Anteil bei Cerberus-Ausstieg nicht ausgeschlossen. | "Wiener Zeitung":Warum geht´s den Versicherungen in Österreich trotz allgemeiner Krise vergleichsweise besser als den Banken?


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Luciano Cirinà: Nicht alle Finanzinstitutionen sind gleich. Die Versicherungsbranche hat gezeigt, dass aufgrund eines anderen Geschäftsmodells, das von den Wirtschaftszyklen weitgehend unabhängig ist, keinerlei Liquiditätsprobleme gegeben sind. Für den Kunden ist sie dadurch quasi ein Fels in der Brandung. Vor allem Versicherungsprodukte wie zum Beispiel die klassische Lebensversicherung zeigen, dass der Kunde einen sicheren Hafen hat. Auch die Kapitalisierung der österreichischen Gesellschaften ist ein Plus. Da hat die Finanzmarktaufsicht immer ein Auge darauf geworfen, dass alles passt.

Staatshilfen sind demnach weiterhin kein Thema?

Die Gesellschaften in Österreich sind entsprechend gut mit Eigenkapital ausgestattet. Insofern sehe ich hier keine Probleme. Die gesamte Branche steht sehr gut da, und das ist auch eine Beruhigung für die österreichischen Versicherungsnehmer. Probleme, die wir international bei anderen Gesellschaften gesehen haben, stammen nicht aus dem Versicherungsgeschäft. Die amerikanische AIG etwa ist nicht wegen ihres Versicherungsgeschäfts ins Straucheln geraten, sondern weil sie Bankrisiken ohne Kapitaldeckung übernommen hat.

Trotzdem: Ganz ohne Schrammen wird die Krise auch die österreichischen Versicherer nicht davonkommen lassen.

Natürlich bringt die Krise Druck auf der Kundenseite, auch für die Generali. Aber wir können gegensteuern, indem wir dem Kunden jene Vorteile, die wir über unsere Produkte bieten, nochmals präsent machen. Eine unserer Geld-Studien zeigt, dass es für den Kunden im Bereich Vorsorge und Eigenschutz um wirklich wichtige Werte geht, die seine Zukunft sichern, und er bereit ist, trotz Krise darin zu investieren. Die klassische Lebensversicherung und die Gesundheitsvorsorge sind somit krisenunabhängig.

Wichtig in Zeiten wie diesen ist freilich, die Hausaufgaben richtig zu machen, richtig zu wirtschaften und die Preise der Produkte richtig zu kalkulieren. Was dann beim Finanzergebnis weniger vorhanden ist - aufgrund geringerer Erträge aus der Veranlagung, die zu erwarten sind -, kann durch ein solides versicherungstechnisches Ergebnis kompensiert werden.

Wird die heimische Versicherungsbranche heuer bei den Prämieneinnahmen wachsen können?

Ein geringes Wachstum ist in diesem Jahr durchaus möglich. Es zu erreichen, wird allerdings anspruchsvoll sein und ist für die gesamte Branche sicher eine große Herausforderung. Im Grunde ist der Bedarf für Versicherungsschutz ja da.

Die Generali gilt als drittgrößte Versicherung in Österreich. Wie stehen die Chancen, Mitbewerbern inmitten der Wirtschaftskrise Marktanteile abzujagen?

Ich glaube, dass ein finanziell starkes Unternehmen mit breiten Schultern und solidem Service für den Kunden durchaus attraktiver sein kann als ein kleines Unternehmen. In der Lebensversicherung wird der Kunde die Größe und Stärke eines Unternehmens jetzt sicher mehr in den Vordergrund stellen. Und das ist für uns eine sehr, sehr gute Karte.

Wie sieht denn Ihre angekündigte Lösung für jene 2000 Generali-Kunden aus, die Anfang 2008 bei der indexgebundenen Lebensversicherung zugegriffen haben, bei der die später pleitegegangene US-Investmentbank Lehman Brothers als Garantiegeber fungiert?

Wir haben diesen Kunden angeboten, dass sie nach der zwölfjährigen Laufzeit - wie beim Vertragsabschluss versprochen - 168 Prozent der einbezahlten Prämie exklusive Versicherungssteuer bekommen - und das selbst dann, wenn die zu Grunde liegende Anleihe von Lehman Brothers einen geringeren oder gar keinen Wert mehr hat und Lehman aufgrund des Insolvenzverfahrens als Garantiegeber ausfällt. Die Tranche umfasste rund 40 Millionen Euro.

Welches Resümee ziehen Sie nach knapp eineinhalb Jahren Vertriebspartnerschaft mit der Bawag?

Ich kann nur Positives berichten. Das Prämienwachstum in der Lebensversicherung, wo wir über die Bawag PSK Versicherung auf einer Schiene fahren, war 2008 zweistellig. Es gibt eine gute, offene Kooperation mit der Bank und gemeinsame Projekte auch mit der Post (Bawag-Partner, Anm.), um Finanzprodukte über deren weitreichendes Filialnetz forciert zu vertreiben. Die gemeinsamen Erträge werden immer stärker.

Bei der Bawag PSK Versicherung hat sich die Generali mehrheitlich eingekauft - mit 50,01 Prozent. Gibt es auf Sicht Pläne, diesen Anteil zu vergrößern oder die Bawag überhaupt ganz auszukaufen?

Nein. Wir haben keine Zwänge, den Status quo zu ändern. Hier geht es um eine Partnerschaft, und gemeinsam sind wir da recht komfortabel unterwegs.

An der Bawag selbst ist die Generali mit 3,2 Prozent beteiligt. Wäre für Sie da ein Aufstocken denkbar, falls der US-Mehrheitsaktionär Cerberus wie angekündigt in ein paar Jahren aus der Bawag aussteigt?

Im Leben weiß man nie, was kommt. Ich will nicht ausschließen, dass wir unseren Anteil aufstocken, sehe das aber nicht als wahrscheinliche Option.

Zur Person

Luciano Cirinà ist seit 1989 im Konzern der italienischen Generali-Versicherung tätig. Im Chefsessel der Generali Österreich sitzt der gebürtige Triestiner, der neben seiner Muttersprache Italienisch auch Deutsch, Englisch und Spanisch spricht, seit 1. Dezember 2006. Cirinà, ein promovierter Betriebswirt, kam damals für Karl Stoss, der an die Führungsspitze des Glücksspielkonzerns Casinos Austria wechselte.

Eine besondere Beziehung hat der 43-jährige Top-Manager zu Sizilien, wo er zum Teil aufgewachsen ist. In jungen Jahren spielte Cirinà Rugby in der ersten italienischen Liga. Heute ist Tauchen sein bevorzugtes Steckenpferd. Cirinià ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.