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Rund 20 militärische Liegenschaften gibt es in Wien - die mehrere Hektar großen Sonderimmobilien sind sowohl für private als auch öffentliche Bauträger ein Leckerbissen.
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Wien. Eine hohe Mauer, ein uneinsichtiger Zaun, ein vergitterter Eingang. "Kommandogebäude General Theodor Körner" steht auf einer Tafel neben der Einfahrt in der Hütteldorferstraße im 14. Bezirk geschrieben. Sie stehen an vielen Stellen in Wien, und wenn man einen Blick ins Innere erhascht, herrscht dort oft gähnende Leere auf großen asphaltierten oder auch grünen Flächen: die Kasernen in Wien. Sie fristen ihr Dasein, bis sie verkauft oder laut Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (BMLVS) zu "100 Prozent genutzt" werden. Die Umwandlung dieser großen Gebäude einer vergangenen Zeit in Wohnblöcke oder Schulen scheint aber in einer stetig wachsenden Stadt unaufhaltsam.
Die Liegenschaften des Bundesheeres in Wien haben unterschiedliche Eigentumsverhältnisse. Sie stehen entweder im Eigentum des BMLVS oder sie gehören der BIG (Bundesimmobiliengesellschaft) oder sie werden vom Bundesheer gemietet. Im Fall einer Miete wird versucht, die Immobilie "rasch loszuwerden", hieß es dazu aus dem Verteidigungsministerium.
Aufgrund der Bundesheerreform im Jahr 2010 - der Prozess begann 2006/2007 -, durch die das Bundesheer kleiner geworden ist, weil etwa Bataillons aufgelöst worden sind, wurden die Kasernen in Wien zunehmend nicht mehr gebraucht. "Sobald eine Liegenschaft nicht mehr genutzt wird, wird sie veräußert", so Oberst Michael Bauer, Sprecher des BMLVS. "Es gibt keinen Leerstand", sagte er zur "Wiener Zeitung". Entweder die Kasernen würden genutzt oder sie werden über die Verwertungsgesellschaft Sivbeg verkauft. Die Sivbeg gehört zu 55 Prozent dem BMLVS und zu 45 Prozent der BIG. In Wien hat sie im Zeitraum von 2009 bis 2014 sieben Kasernen beziehungsweise militärische Liegenschaften in der Höhe von rund 34,1 Millionen Euro verkauft - das Schulgebäude HVS, zwei Teilflächen der Kaserne Arsenal, zwei Teilflächen der Van-Swieten-Kaserne, die Marinekaserne Tegetthoff und die Biedermann-Huth-Raschke-Kaserne. Insgesamt gibt es laut Militärkommando Wien rund 20 militärische Objekte, wie Kasernen oder Kommandogebäude in Wien.
Neben den sieben verkauften Standorten wurden zwei große Kasernen vor dem Jahr 2009 verkauft. Der Umbau der Erzherzog-Carl-Kaserne wurde im Jahr 2007 fertiggestellt. 270 geförderte Wohnungen sind in der Donaustadt errichtet worden. Ein Gebäude mit 21 Wohnungen blieb allerdings für Heeresangehörige bestehen. Auch die Wilhelmskaserne im 2. Bezirk wurde in der Größe von drei Fußballfeldern zu 445 geförderten Mietwohnungen umgebaut. In dieser Kaserne befand sich die ABC (Atomar-biologisch-chemische)-Abwehrschule. Die Bundesheer-Mitarbeiter mussten in ein neues Quartier nach Korneuburg ziehen.
Körner-Kaserne stehtvor dem Verkauf
Doch was bleibt dem Heer in Wien langfristig übrig? Definitiv nicht verkauft werden soll die Maria-Theresien-Kaserne. Diese werde gebraucht, hieß es. Dort sind zwei Bataillone beherbergt, zum einen die Garde, die täglich österreichweit bei Ehrungen ausrückt und zum anderen die Militärpolizei. Sitz des Heeres bleiben sollen weiters die Stiftskaserne, die Verga-Peyer-Weyprecht-Kaserne, die ehemaligen Zeiss-Werke (auch militärische Liegenschaft Breitensee genannt), die Radetzky-Kaserne, das Kommandogebäude Heckenast-Burian und die Starhemberg-Kaserne. Bei der militärischen Liegenschaft Simmering, das ehemalige Beschussamt, heißt es laut Militärkommando Wien ebenfalls: "Die Planung einer weiteren militärischen Nutzung ist unverändert." Auch das Amtsgebäude Rossau sei ein "No-Go".
Die Kaserne auf der Hütteldorferstraße in Breitensee, die Körner-Kaserne, wird ebenfalls noch benötigt. Dort befindet sich ein Teil des Verteidigungsministeriums. Allerdings wird laut Bauer ein Teil des Areals verkauft werden. Auf der grünen Fläche könnte eine Schule gebaut werden, berichtete er.
Verkauf Albrechtskaserne ist im Jahr 2018 geplant
Ganz oben auf der Wunschliste von Wohnbau-Stadtrat Michael Ludwig steht die Albrechtskaserne im 2. Bezirk, die vom Bundesheer als Amtsgebäude Vorgartenstraße bezeichnet wird. Grundsätzlich geplant wäre laut Militärkommando Wien eine Veräußerung im Jahr 2018. Dies hänge jedoch von einem Ersatzbau, einem Neubau im Mittelhof des Amtsgebäudes Rossau ab, "um die ministeriellen Dienststellen in einer militärischen Liegenschaft zu bündeln". Sollte der Neubau gebaut werden, könnte die Stadt weitere 650 Wohnungen errichten. Für Ludwig gibt es noch viel Potenzial für Wohnzwecke von Standorten des Bundesheeres in Wien. Von 5200 Wohnungen für rund 13.000 Wienern ist immer wieder die Rede. Der Fokus liege dabei in der inneren Stadterweiterung. Diese Areale würden durch den geförderten Wohnbau eine neue Identität erhalten, so Ludwig. Und so setzte er auf seine Wunschliste Liegenschaften, die das Heer (noch) nicht hergeben will: das ehemalige Beschussamt in Simmering (250 Wohnungen), die Vega-Peyer-Weyprecht-Kaserne (800 Wohnungen), die ehemaligen Zeiss-Werke (400 Wohnungen) und die Radetzky-Kaserne (250 Wohnungen).
Der Preis der Liegenschaften wird aufgrund eines Gutachtens festgestellt. Danach setzt eine Expertenkommission den Mindestverkaufspreis fest. Dieser wird ausgeschrieben und an den Bestbietenden verkauft. Michael Pech, Vorstand des ÖSW (Österreichisches Siedlungswerk), hat in Sachen Kasernen bereits zum zweiten Mal in Wien die Hand gehoben und sich so eine Liegenschaft für den Wohnbau gesichert. Im Jahr 2012 hat die ÖSW gemeinsam mit der GSG, Gesellschaft für Stadtentwicklung und Stadterneuerung, für die Marinekaserne Tegetthoff im 19. Bezirk den Zuschlag erhalten. Insgesamt werden dort bis Sommer 2016 rund 70 freifinanzierte Eigentumswohnungen am Kasernenareal im Bereich des Kuchelauer Hafens direkt an der Donau entstehen.
Eine zweite Kasernen-Liegenschaft hat sich das ÖSW, diesmal gemeinsam mit "Familienwohnbau" gesichert: die Biedermann-Huth-Raschke Kaserne. Der Verkauf einer Teilfläche in der Montleartstraße 1 im 14. Bezirk ging im Februar über die Bühne. Insgesamt hatten acht Bieter Interesse an dem Kasernen-Areal. ÖSW-Vorstand Pech wollte den genauen Preis nicht nennen, nur so viel räumte er ein: "Der Preis lag über dem geforderten Mindestverkaufspreis von 7,2 Millionen Euro." Warum man ein Kasernen-Areal kauft, wo doch nicht zuletzt der Denkmalschutz zur Last werden könnte, begründete der Vorstand so: "In Wien fehlt es, vor allem in einer sehr guten Lage wie dieser, an für den Wohnbau geeigneten Liegenschaften." Mit dem Kauf dieser Kaserne habe man eine Liegenschaft mit entsprechender Widmung und könne dadurch rasch bauen, so Pech.
150 Wohnungen werden in der Montleartstraße 1 von den gemeinnützigen Bauträgern errichtet werden. Das unter Denkmalschutz stehende Bürogebäude der Kaserne soll dabei ebenfalls zu Wohnzwecken umgebaut werden. Die historische Bausubstanz werde an einen erfahrenen Projektpartner weiterverkauft und von diesem behutsam saniert, verspricht Vorstand Pech.
Ein weiteres Projekt nützt die militärische Liegenschaft: Das von Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch angekündigte Gymnasium, welches schon bald auf dem Areal der Biedermann-Huth-Raschke-Kaserne entstehen soll, befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft.