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"Großer Wurf wird es nicht"

Von Reinhard Göweil

Wirtschaft

Am Dienstag wollen sich die Regierungsparteien auf die ÖIAG-Reform einigen - doch es ist Sand im Getriebe.


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Wien. Der Weg zur Hölle ist gepflastert mit guten Vorsätzen. Der Satz beschreibt die aktuelle Verhandlungssituation der Regierung in Sachen ÖIAG ganz gut. Der gute Vorsatz entstand, als die ÖIAG jahrelang und - vom Eindruck her wohlwollend - zusah, wie der mexikanische Unternehmer Carlos Slim die Übernahme der Telekom Austria durchzog. Nun hat die ÖIAG dort nichts mehr zu melden, SPÖ und ÖVP waren entsetzt, es war der Herbst 2014. Nun solle alles anders werden, die Vorsätze waren gewaltig.

Am kommenden Dienstag, den 13. Jänner, treffen sich die Verhandler zur letzten Verhandlungsrunde. Wenige Tage davor sind sie der Hölle recht nahe, denn die Unterschiede sind gewaltig. "Es muss nicht sein", ist aus Gewerkschaftskreisen zu hören, die auf SPÖ-Seite mit ÖGB-Präsident Erich Foglar und AK-Direktor Werner Muhm zwei Schwergewichte im Verhandlungsteam hat. Mit der ehemaligen Siemens-Konzernvorstandsdirektorin Brigitte Ederer hat die SPÖ industrielles Know-how auf ihrer Seite. Auf ÖVP-Seite sitzen Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und Finanzminister Hans Jörg Schelling im ÖIAG-Team. Den Ton dort gibt allerdings der Industrielle Norbert Zimmermann an, Chef der Berndorf AG. Der sagte im aktuellen "Format", wie weit die Verhandlungen gediehen seien, sei nicht ganz klar. Immerhin soll am kommenden Dienstag das letzte Gespräch stattfinden.

Streit um die Rolle der Sozialpartner

Damit sind die Hauptdarsteller im ÖIAG-Drama benannt, doch worum geht es in diesem Stück? Die Regierung ist zur Überzeugung gelangt, dass der sich selbst erneuernde Aufsichtsrat nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Wenn etwas schiefgeht, wie bei der AUA oder bei der Telekom oder auch im OMV-Vorstand, steht die Regierung am Pranger. Sie kann aber nicht direkt eingreifen.

Und da mit der OMV, der Telekom und der Post drei doch recht "systemrelevante" Unternehmen zur ÖIAG gehören, gibt es ein Interesse, dass dort alles gut läuft.

So weit, so gut. Die jüngsten ÖVP- beziehungsweise Zimmermann-Vorschläge zur Neubesetzung des Aufsichtsrates bringen allerdings die Gewerkschaften auf die Palme. Dass es eine - von der Regierung zu findende - Nominierungskommission für die Posten geben soll, ging ja noch. Allerdings sollten - nach einem ursprünglichen Plan - Sozialpartner-Vertreter quasi ausgeschlossen werden. Erst nach einer vierjährigen "cool-off"-Periode wäre eine Aufsichtsratstätigkeit in der ÖIAG möglich.

Das allerdings engt den Kreis der Kandidaten ziemlich ein. So gut wie jeder Spitzenmanager der heimischen Wirtschaft hat eine Funktion in der Wirtschaftskammer. Und auch in der Arbeiterkammer und Gewerkschaft sind die in Frage kommenden Experten in Funktionen.

Es ist also möglich, dass am Dienstag die ÖIAG-Reform scheitert. Diese Reform hat sich die Regierung allerdings bei ihrer Klausur im Herbst vorgenommen, und es gibt dem Vernehmen nach starken Druck von Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, doch noch zu einer Lösung zu kommen.

Das wird nicht so einfach sein, denn die Gewerkschaften stehen Norbert Zimmermann extrem reserviert gegenüber. Seine Aussage im "Format", wonach die Telekom Austria nicht so wichtig sei, da "auch beim Hofer Handy-Verträge abgeschlossen werden können", hat ÖBB-Betriebsratschef Hebenstreit mächtig erzürnt. Er verwies auf den Ausbau der Kommunikations-Infrastruktur.

Möglich ist jedenfalls, dass die Gewerkschaften (und in der Folge wohl die SPÖ) die ÖIAG-Reform neu definieren und die Auflösung der ÖIAG verlangen. Die Post AG würde dann zum Infrastrukturministerium wandern, Telekom Austria und OMV zum Wirtschaftsministerium.

Welche Beteiligungen, ist her nicht die Frage

Die Positionen sind so weit auseinander, dass die Frage, ob die ÖIAG andere staatliche Unternehmen - wie Verbund oder Anteile an der Casinos Austria - übernimmt, in den Hintergrund rückte.

Dazu kommt noch, dass vor allem Finanzminister Hans Jörg Schelling den Privatisierungsauftrag der ÖIAG weiterhin deutlich im neuen Gesetz verankern möchte. Auch da ist die SPÖ zurückhaltend, sie will eher die Standort-Sicherung der Industrieholding in den Vordergrund rücken.

In den vergangenen Tagen gab es auf informeller Ebene Kontakt zwischen den Verhandlern, um den Knoten zu lösen.

Wie groß die politische Unabhängigkeit der ÖIAG tatsächlich gewesen ist, wird jedenfalls in diesen Tagen ebenfalls hart diskutiert. So lag eines der Probleme der Telekom Austria an den hohen Gewinnausschüttungen in den vergangenen zehn Jahren. Daran hatte der jeweilige Finanzminister großes Interesse, die ÖIAG weniger. Sie fügte sich.

Bundesländer halten sichnobel zurück

Der ursprüngliche Plan, auch Beteiligungen von Bundesländern in die ÖIAG zu hieven und diesen Ländern ÖIAG-Anteile zu geben, ist derzeit ebenfalls weit weg. Dem Vernehmen nach gibt es wenig Interesse der Bundesländer.

Am Dienstag wird jedenfalls weiterverhandelt, aber an eines glaubt niemand mehr der Verhandler, die "Wiener Zeitung" erfuhr: Großer Wurf wird es keiner.

Für die Nationalbank wäre dies eine schwierige Situation. Deren Tochter, die Münze Österreich, hält 33 Prozent an der Casinos Austria und möchte verkaufen, auch andere Eigentümer möchten verkaufen. Wenn die ÖIAG als Käufer ausfallen würde, wird es ziemlich schwierig werden, andere Käufer zu finden. "Dann bleibt es halt, wie es ist", seufzte ein Manager. Wieder einmal.