Pröll verabschiedet sich von Freiwilligkeit bei Klimaschutz. | Faymann: Geld vom Bund für Öffis. | Wien. Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt! Ganz so brutal würde es Josef Pröll zwar selbst wohl nicht formulieren, der Schwenk des Umweltministers in der Klimaschutzpolitik weist aber dennoch zweifelsfrei in diese Richtung. Immerhin sah sich Pröll am Mittwoch gemeinsam mit seinem Regierungskoordinationspartner, Infrastrukturminister Werner Faymann, vor dem Ministerrat gezwungen, quasi öffentlich sein bisheriges Scheitern in Sachen Klimaschutz einzugestehen: "Ein Jahr nach Beschluss der Klimastrategie, müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass ein freiwilliger Zugang nicht ausreicht."
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Also soll das von Pröll bereits am Vortag als Reaktion auf die vernichtende Kritik an der Klimapolitik durch Rechnungshof und Umweltbundesamt angekündigte Klimaschutzgesetz noch vor dem Sommer in den Ministerrat eingebracht werden, im Herbst das Parlament durchlaufen und ab Jänner 2009 in Kraft treten. Mithilfe dieses Gesetzes sollen alle beteiligten Sektoren, so auch die Bundesländer, zur Erfüllung ihres definierten Anteils an der Erreichung der Klimaziele verpflichtet werden. Eine Pönale ist nicht vorgesehen, Pröll will jedoch im Fall des Scheiterns die Kosten für den Zukauf zusätzlicher Verschmutzungszertifikate auf die jeweiligen Stellen auslagern.
Apropos Verschmutzungsrechte: Da Österreich von der Einhaltung der Kyotoziele derzeit weit entfernt ist, denkt Pröll laut darüber nach, weitere Verschmutzungszertifikate aus dem Ausland zuzukaufen. Die derzeit auf neun Millionen Tonnen angelegten Investitionen könnten um weitere zwei Millionen Tonnen erhöht werden.
Am Verkehrsminister war es dann, das Augenmerk auf seinen Bereich zu lenken. Österreich habe, so Faymann, den Ausbau des Öffentlichen Verkehrs zu lange unterschätzt, bei den ÖBB liege man 15 Jahre hinter dem Branchenprimus, der Schweizer Bahn. Um diesen Rückstand im Bereich des Nahverkehrs in Ballungsräumen aufzuholen, will Faymann nun mehr Geld zur Verfügung stellen.
Dem Verkehrsminister und langjährigem Wiener Wohnbaustadtrat schwebt dabei ein Modell vor, das sich an der Finanzierung des U-Bahnbaus in der Bundeshauptstadt orientiert: Hier teilen sich Land und Bund die Kosten zu 50 Prozent. Ähnliches soll nun auch in den anderen Ballungsräumen möglich sein, auch wenn es dabei lediglich um - erheblich preisgünstigere - Straßenbahnen oder Busse geht. Faymann will demnächst mit dem Finanzministerium verhandeln.
Ein Nein kommt von Faymann auf die Frage nach einer Erhöhung der Benzinpreise. Man könne nicht am ersten Tag der Woche über eine Entlastung der Bürger via Steuerreform und Inflationsausgleich reden und am Tag darauf die Belastungsschraube erneut enger drehen. Faymann: "Der Montag und der Dienstag gehören in der Politik zusammen." In die selbe Kerbe schlägt auch Pröll, der eine - von den Grünen wiederholt geforderte - Ökosteuer entschieden ablehnt.
Auch das Thema Biosprit kam zur Sprache. Kritiker machen die massiv gestiegene Nachfrage des Westens nach Biosprit-Pflanzen mitverantwortlich für die zuletzt explodierenden Lebensmittelpreise auf dem Weltmarkt. Doch davon will Pröll nichts wissen, sieht er doch vor allem die schlechte Welternte 2007, internationale Spekulanten sowie Raubbau außerhalb Europas für diese Entwicklung verantwortlich. Er beteuert, am Ziel eines 10-prozentigen Biosprit-Anteils bis 2020 festzuhalten.
Die Opposition schenkt den Ankündigungen Prölls und Faymanns jedoch wenig Glauben. Die Grünen sehen einen "unerträglichen Klimaschmäh", das BZÖ glaubt den Ankündigungen in punkto Öffis nicht und der FPÖ ist der Ankauf von Verschmutzungsrechten aus dem Ausland ein Dorn im Auge. Seite 27