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"Großes Sorgenkind Russland"

Von Thomas Seifert

Wirtschaft

Österreich hat zwar 2014 einen weiteren Export-Rekord aufgestellt, die schwierige Lage in Russland drückt aber die Stimmung.


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Wien. Von einem "All-Time-High trotz schwieriger Bedingungen" kann der Leiter der Außenwirtschaft in der Wirtschaftskammer Österreich, Walter Koren, am Donnerstag vor Journalisten berichten. Die Ausfuhr von Gütern stieg um 0,9 Prozent auf rund 127 Milliarden Euro, die Importe gingen um 0,9 Prozent auf rund 129,5 Milliarden Euro zurück - damit verringerte sich das Handelsbilanzdefizit auf 2,6 Milliarden Euro.

"Der Export bleibt auch heuer die Stütze des Wohlstandes und ist der einzige Lichtblick am trüben österreichischen Konjunkturhimmel", sagte Koren in Anspielung auf die aktuellen Konjunkturprognosen des Wirtschaftsforschungsinstitutes und des Instituts für Höhere Studien. Demnach soll das heimische Wirtschaftswachstum 2015 mit einem Plus von 0,5 beziehungsweise 0,8 Prozent nur etwa halb so stark wachsen wie noch vor drei Monaten gedacht (1,2/1,6 Prozent). Österreich hat auch 2014 um 11,4 Milliarden Euro mehr Waren und Dienstleistungen exportiert als importiert, die Leistungsbilanz ist somit positiv. Damit setzt sich ein Trend fort, der seit 2002 anhält.

Koren spricht von einer "Flaute in Europa" und "Gegenwind in Übersee". 80 Prozent der österreichischen Exporte gehen nach Europa, 70 Prozent der Exporte in Länder der EU, somit ist Österreichs Exportwirtschaft stark von der Konjunktur in der EU abhängig.

Ein weiterer Top-Exportpartner, der den Außenhandels-Experten der österreichischen Wirtschaftskammer Kummer bereitet, ist Russland: Bis vor kurzem war Russland auf Österreichs Top-10-Liste der wichtigsten Wirtschaftspartner, doch das Land fällt immer weiter zurück, derzeit rangiert Russland nur mehr auf Platz 11, wird aber vermutlich auf Platz 12 zurückfallen. Korens Fazit: "Russland ist ein großes Sorgenkind." Die Exporte brechen immer mehr ein: einerseits wegen der EU-Sanktionen, aber auch wegen der Gegenmaßnahmen der russischen Regierung und nicht zuletzt wegen des weiter virulenten Konflikts zwischen Russland und seinem Nachbarn Ukraine. In den ersten drei Quartalen des heurigen Jahres gingen die Exporte nach Russland gegenüber der Vergleichsperiode des Vorjahres um 9,4 Prozent zurück. Das Minus wird nach ersten Schätzungen der Wirtschaftskammer dann für das Gesamtjahr rund 15 Prozent betragen. Rund 50.000 Jobs hängen direkt oder indirekt an den Handelsbeziehungen mit Russland, sagt Koren. 2,5 Prozent der gesamten Warenexporte Österreichs gehen dorthin - das entspricht einem Exportvolumen von 3,5 Milliarden Euro, rechnet man die Dienstleistungsexporte hinzu, kommt man auf eine Summe von 5,7 Milliarden Euro.

Eine Besserung der Export-Perspektiven nach Russland sieht die Außenhandelsabteilung der Wirtschaftskammer auch für 2015 nicht: Öl-Preis- und Rubel-Verfall, Sanktionen und ein drastischer Rückgang der Investitionsneigung in Russland würden eine "sehr schlimme Kombination von Faktoren" ergeben. Einerseits hat die EU Sanktionen gegen Russland verhängt, auf die Russland mit Gegensanktionen reagiert hat, von denen österreichische Lebensmittellieferanten betroffen sind. 6 Prozent der heimischen Gesamtexporte nach Russland entfallen laut Wirtschaftskammer auf Nahrungsmittel. Auf die Frage der "Wiener Zeitung", welche Folgen im Falle eines Kollaps der russischen Wirtschaft drohen, sagt Koren, dass dieses Szenario eine "geringe Wahrscheinlichkeit" habe. "Russland ist so wichtig, dass man es nicht fallen lassen kann", sagt er. Da sei nicht nur Russland gefordert, sondern auch Europa. Die österreichische Wirtschaft sehe den Sanktionsreigen zudem äußert kritisch: Dieser würde keine politische Lösung herbeiführen. "Das Problem Russland-Ukraine kann nur politisch gelöst werden", sagt Koren und verweist auf die am Mittwoch von US-Präsident Barack Obama ausgerufene Lockerung der amerikanischen Sanktionen gegen Kuba: "50 Jahre Embargo gegen Kuba haben politisch nichts bewirkt - Gott sei Dank wurde jetzt Tauwetter ausgerufen."

Sorgen mache aber auch die wirtschaftliche Situation in der Ukraine. Das Land sei zwar als Wirtschaftspartner Österreichs von untergeordneter Bedeutung, es sei aber zu befürchten, dass sich die Ukraine zu einem "zweiten Griechenland für die EU" entwickle. Schließlich sei Kiew auf substanzielle Finanzhilfen angewiesen, wie sie nur die EU leisten könne. Man hätte der Ukraine beim EU-Assoziierungsabkommen mehr Spielraum bei der Ausgestaltung seiner Wirtschaftsbeziehungen mit Russland geben sollen.

Schließlich zog Koren noch eine positive Bilanz des EU-Beitritts Österreichs, der vor bald 20 Jahren erfolgt ist. Österreich gehört neben Dänemark und Deutschland zu jenen Ländern, die am stärksten vom EU-Binnenmarkt profitieren konnten. Pro Kopf habe jeder Österreicher inflationsbereinigt 280 Euro vom EU-Beitritt profitiert.