Stärke der Linkspartei wird Hollande auf alle Fälle zu schaffen machen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Paris. Während das ganze Land im Wahlkampffieber liegt, wird hinter den Kulissen bereits heftig über das spekuliert, was geschehen wird, sobald Frankreich einen neuen Präsidenten hat. Experten sind sich einig, dass diese Wahlen nicht nur die wichtigsten seit langem sind, sondern auch das Potenzial haben, die Parteienlandschaft in Frankreich nachhaltig zu verändern.
Sollte Amtsinhaber Nicolas Sarkozy nicht gewinnen, so würde dies wohl sein politisches Ende bedeuten. Es ist ein offenes Geheimnis, dass hinter den Kulissen in der konservativen Regierungspartei UMP (Union für eine Volksbewegung) Premierminister François Fillon und der Generalsekretär der Partei, Jean-François Copé, einander schon seit längerem ein Duell um die Position der neuen Nummer eins liefern. Copé werden dabei generell höhere Chancen eingeräumt, das Ruder an sich zu reißen. Sollte ihm das tatsächlich gelingen, könnte er die Partei auflösen oder zumindest neu aufstellen, um die Wahlen 2017 zu schlagen. Allerdings wäre es Analysten zufolge auch möglich, dass eine neue gaullistische Front die Partei übernehmen wird. Es könnte auch sein, dass sich der rechte Rand der Partei abspaltet und neu formiert oder gleich zur rechtsextremen Front National überläuft.
Sollte wiederum François Hollande verlieren, so würde dies ebenfalls nicht nur seine eigene politische Karriere, sondern auch seine sozialistische Partei in eine tiefe Krise stürzen. Dafür sorgt vor allem Jean-Luc Mélenchon mit seiner Linkspartei. Er könnte in im Falle einer Niederlage Hollandes versuchen, die Sozialisten zu übernehmen. Widerstand würde sich kaum finden, da die aktuelle Führungsriege entweder zu alt oder zu schwach oder beides ist. Die zweite Reihe hingegen ist bei den Sozialisten noch zu jung.
Doch die Stärke der Linkspartei würde den Sozialisten auch im Falle eines Wahlsiegs Hollandes zu schaffen machen. Sie wird Hollande mit Nachdruck nicht nur an seine eigenen Wahlversprechen erinnern, sondern auch die von ihr bevorzugte Politik versuchen durchzusetzen. Was das konkret bedeutet, können sich die Sozialisten an den wiederholten Aufmärschen von mehr als 100.000 Anhängern Mélenchons ausmalen. Wobei sich der Druck der Straße in Frankreich in der Vergangenheit schon des Öfteren als probates Mittel erwiesen hat, Forderungen durchzusetzen.
Hollande wird bei den Parlamentswahlen einen hohen Preis für den politischen Frieden zahlen müssen. In einzelnen Wahlkreisen wird er wohl Zugeständnisse an die Linkspartei machen müssen und ihre Kandidaten unterstützen. Auch von Ministerposten für die Linksextremen ist die Rede bis hin zum Posten des Ministerpräsidenten, den Mélenchon erhalten könnte. Dass er diesen im Fall des Falles annehmen würde, gilt indes als unwahrscheinlich. Würde dies doch seinen Elan abrupt stoppen und die Unterordnung unter Hollande das Ende seiner Bewegung bedeuten.