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Großspurige Pläne für die Bahntrasse bis nach Wien

Von WZ-Korrespondentin Karin Bachmann

Wirtschaft

Studie zur Wirtschaftlichkeit könnte im Herbst vorliegen. | Investition wird auf fünf Milliarden Euro geschätzt. | Pressburg. Für Eisenbahnen auf dem Weg von Russland nach Westeuropa ist ein Zwangsstopp in Cierna nad Tisou im äußersten Osten der Slowakei zurzeit nahezu umgänglich: Die Spurbreite der Schienen verringert sich von 1520 auf die im Westen üblichen 1435 Millimeter und die Züge können deshalb nicht einfach weiterfahren.


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Nur in Richtung der Stahlproduktion im Raum Kaschau, wo branchenbedingt direkt vor Ort verladen werden muss, führt die Breitspur noch etwas weiter. Russland prüft allerdings den Ausbau der Breitspur-Bahn durch die Slowakei bis nach Wien. Publik wurden die Pläne erstmals beim Besuch des russischen Ex-Premiers Viktor Subkow in Pressburg.

Der Österreicher Helmut Meelich arbeitet als Project Manager des im Mai 2007 von Budapest nach Pressburg verlegten Trans-Europäischen Eisenbahnprojekts der Vereinten Nationen (TER) und verfolgt in dieser Funktion auch das russische Breitspurbahn-Projekt. Er rechnet damit, dass ab Herbst von russischer Seite eine Studie zur Wirtschaftlichkeit des Vorhabens vorgelegt wird.

Es geht um Investitionen von nicht weniger als umgerechnet rund 5 Mrd. Euro. Trotzdem macht diese Summe nur einen vergleichsweise geringen Teil der von der russischen Eisenbahn RZD geplanten Gesamtinvestitionen aus. Diese hatte Michail Gontscharow, Berater des RZD-Präsidenten, vor einigen Wochen in Wien mit umgerechnet nicht weniger als 100 Mrd. Euro beziffert.

Idealer Transportweg

Meelich zufolge hat die aktuelle Diskussion über die Verlängerung der Breitspurbahn ihre tiefere Ursache im Boom der russischen Wirtschaft und dem damit zusammenhängenden wachsenden Bedarf an Warenimporten aus dem Westen. Das Straßennetz in Russland sei größtenteils in mangelhaftem Zustand, deshalb sei die Bahn immer noch das deutlich bessere Verkehrsmittel, zumal sie überwiegend reibungslos funktioniere. Nicht zuletzt floriere in Russland die Automobilwirtschaft, und in der Branche habe sich die Bahn als hervorragendes Verkehrsmittel erwiesen, um etwa die in verschiedenen Werken produzierten Module für Fahrzeuge an einen Ort zu transportieren.

Die verlängerte Breitspurbahn würde 485 Kilometer durch die Slowakei und 90 Kilometer durch Österreich führen. Im Süden des Nachbarlands würde teilweise eine neue Trasse geschaffen, wichtige Wegmarken wären Banská Bystrica, Nové Zámky und Galanta. Angedacht sind zwei Terminals im Raum Pressburg, als einer davon kommt der Hafen in Betracht.

In Österreich hat sich die Wiener Industriellenvereinigung für die Verlängerung der Breitspurbahn bis zum Hafen ausgesprochen. Das Vorhaben fügt sich außerdem gut in das Konzept von Wien als Verkehrsdrehscheibe zwischen Moskau, Italien, der Schweiz und Süddeutschland.

Meelich selbst weist darauf hin, dass sich das Projekt einer verlängerten Breitspurbahn ohne weiteres in den TER-Masterplan für den europäischen Schienenverkehr aus dem Jahre 2006 eingliedern ließe und darüber hinaus "wiederholbar" wäre, etwa in der Türkei. Außerdem trüge es zu deutlichen Verbesserungen in der Technik für den Umschlag von Waren bei.

Abgesehen davon, dass erst einmal die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens belegt werden muss, wird es praktisch auch eine Herausforderung sein, die Interessen von insgesamt vier Bahngesellschaften zu koordinieren. Außer der RZD wären noch die ÖBB sowie die slowakische und die ukrainische Eisenbahn beteiligt.