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Größtes Desaster seit 1945

Von Reinhard Göweil

Wirtschaft

Nationalrat debattierte Hypo Alpe Adria.


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Wien. "Die Task-Force hat das Insolvenz-Szenario sehr wohl bewertet. Aus 20 Optionen wurden vier hervorgehoben. Die Insolvenz ist nicht darunter gewesen. Außerdem senkt alleine die Erwägung dieses Szenarios die Verkaufschancen für die Töchter der Hypo in Südosteuropa", warnte Finanzminister Michael Spindelegger im Vorfeld der Nationalrats-Debatte um die notverstaatlichte Hypo Alpe Adria.

Bei der von den Grünen eingebrachten "Dringlichen Anfrage", in der die Milliarden-Hilfe für die Kärntner Bank mit fehlenden Mitteln im Bildungs- und Forschungsbereich verknüpft wurde, ging es denn auch um dieses Thema. Spindelegger musste sich von den Grünen fragen lassen, warum ausgerechnet das Finanzministerium ein Gutachten in Auftrag gegeben habe, in dem das Insolvenz-Szenario am besten beurteilt worden sei. "Es habe keinerlei Bewertung in diesem Wyman-Gutachten gegeben", antwortete Spindelegger. In Zahlen gedacht, hat der Finanzminister recht. Im Gutachten, das der "Wiener Zeitung" vorliegt, wird aber sehr wohl eines klargestellt: "Die Insolvenzlösung sollte in Summe bei rein objektiver Betrachtung die höchste Akzeptanz haben."

Drei Fragezeichen

Im Gegensatz dazu hatte die Arbeitsgruppe für die Hypo-Abwicklung eine "Beteiligungslösung" empfohlen, in der die heimischen Banken in einen Fonds Geld einzahlen, der die Bank in den kommenden zehn Jahren liquidieren soll.

Spindelegger sagte dem Nationalrat, dass dafür drei Voraussetzungen zu erfüllen sind: die Bereitschaft der Banken, die Zustimmung des früheren Eigentümers BayernLB und das Okay von Eurostat, dass die Hypo-Verbindlichkeiten nicht den Staatsschulden zuzurechnen sind. Noch im Februar solle dies klar werden. Letzteres wäre vermutlich möglich, aber die Banken und die Bayern machen erhebliche Probleme. Die Banken wollen nur dann in den Fonds einzahlen, wenn im Gegenzug die Bankenabgabe um diesen Betrag reduziert wird. Nun hat die Regierung allerdings eine Novelle zur Bankenabgabe auf die Reise gebracht, bei der die Steuerbasis geändert wird. Während bisher ein hoher Anteil an spekulativen Geschäften in der Bilanz die Bankenabgabe erhöhte, soll nun die Bilanzsumme einer Bank generell herangezogen werden. Ziel: das jährliche Einnahmenvolumen daraus von 600 Millionen Euro abzusichern. Dies hat allerdings unter den Banken zu Zwist geführt. Während dem Vernehmen nach dadurch Banken wie die Erste entlastet würden, steigt die Last auf Regionalbanken wie die Oberbank. Deren Generaldirektor Franz Gasselsberger zeigte sich wütend. "Wir haben nie Staatshilfe in Anspruch genommen und wirtschaften sehr konservativ. Dafür wird man bestraft", sagte er jüngst.

Ob also alle Banken bereit sind, in den Hypo-Stabilisierungsfonds einzuzahlen, ist ebenfalls noch nicht geklärt. Auch aus Bayern kommen neuerdings wieder unfreundliche Töne. Ministerpräsident Horst Seehofer sagte am Mittwoch als Eigentümervertreter der Bayerischen Landesbank, dass er nicht bereit sei, auf Geld zu verzichten. "Ich sehe derzeit keinen Ansatz für einen Vergleich." Für die Bayern geht es um 2,3 Milliarden Euro, die noch in der Bank liegen, im Insolvenzfall gar um 4,6 Milliarden. Auch für die reichen Bayern keine Kleinigkeit, daher die harsche Reaktion Seehofers.

Der drohende Verlust für die heimischen Steuerzahler aus der Hypo wird von der Finanzprokuratur dem Vernehmen nach auf zehn Milliarden Euro geschätzt.

Grüne, Neos, Team Stronach und die FPÖ verlangen nun, dass ihnen das Wyman-Gutachten zur Verfügung gestellt wird. Der "Wiener Zeitung" wurde am Mittwoch mitgeteilt, dass Spindelegger ein Treffen mit den Finanzsprechern der Parteien zum Thema Hypo überlegt.

Die ebenfalls von der "Wiener Zeitung" publizierte Variante, wonach die Bank insolvent gehen könne, und das dadurch ebenfalls von Pleite bedrohte Land Kärnten mit einem langlaufenden Kredit der Republik aufzufangen, hat auch am Mittwoch zu Reaktionen geführt. Der Obmann der Kärntner Freiheitlichen, Christian Ragger, zeigte sich entsetzt.

Kasal, Krakow: Kandidaten?

Genau diese Kärntner Freiheitlichen bekamen im Nationalrat ihr Fett ab. Spindelegger nannte das Haider-Konzept eine "Alles-ist-möglich-Mentalität", auch die Grünen und Neos wiesen auf die Verantwortung der damaligen Kärntner Landesregierung hin.

Wofür immer sich die Republik entscheidet, es wäre nicht Österreich, wenn nicht für den geplanten Hypo-Fonds nicht schon zwei Geschäftsführer-Kandidaten genannt würden: Johannes Kasal, derzeit beschäftigt im Kabinett von Spindelegger und Georg Krakow, Ex-Staatsanwalt und Mitglied der Hypo-Taskforce.