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Grund genug für Unmut

Von Martyna Czarnowska

Europaarchiv

Bei den Beitrittsverhandlungen Polens mit der EU sorgt vor allem eine Frage für Emotionen, die über politisches Kalkül hinaus gehen: Nach wie vielen Jahren können AusländerInnen Grundstücke in Polen erwerben? Die polnische Regierung plädiert für Übergangsfristen bis zu 18 Jahren, die Union möchte höchstens sieben Jahre verstreichen lassen.


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Das Land unserer Ahnen lassen wir nicht: Das Lied, das in seiner Bedeutung fast der polnischen Landeshymne gleichkommt, nimmt für viele Polinnen und Polen nun eine aktuelle Dimension an. Mit dem Beitritt zur Europäischen Union orten sie nämlich einen drohenden Ausverkauf von polnischem Grund und Boden.

Diesen gelte es zu verhindern - zumindest für bis zu 18 Jahre nach dem Beitritt, lautete das Motto der Regierung und das Versprechen, das vor allem an die Bauern und die Einwohner-Innen der westlichen, an Deutschland angrenzenden, Gebiete gerichtet war. Einige Parteien traten für radikalere Lösungen ein. So wollte die Christlich-Nationale Union (ZChN) ursprünglich für ein generelles Grundstückskauf-Verbot plädieren, um später Übergangsfristen von mindestens 20 Jahren vorzuschlagen.

Von den Vorstellungen der EU ist dies weit entfernt. Sie möchte für Investitionszwecke bestimmte Grundstücke sofort und landwirtschaftliche Nutzflächen sieben Jahre nach dem Beitritt zum Verkauf freigegeben wissen.

Umgekehrt verhält es sich in Sachen Freizügigkeit von ArbeitnehmerInnen. Dabei tritt die EU ebenfalls für eine Übergangsfrist von bis zu sieben Jahren ein. Vor allem Deutschland und Österreich beharren darauf - sie befürchten eine "Überschwemmung" des Arbeitsmarktes mit osteuropäischen DienstnehmerInnen. Gar keine Übergangsfrist, lautet dagegen die Position der polnischen Regierung.

In den letzten Monaten kam allerdings Bewegung in die scheinbar verhärteten Fronten. Der polnische Chefunterhändler bei den Beitrittsgesprächen mit der EU, Jan Kulakowski, kündigte Ende Juli in Brüssel an, dass Polen bis Ende des Jahres einen eigenen Vorschlag präsentieren werde. Zwar sehe die polnische Regierung auch weiterhin keine Notwendigkeit für Übergangsfristen bei der Öffnung des Arbeitsmarktes. Ein Kompromiss müsse jedoch gefunden werden. Zuletzt signalisierte Warschau auch Verhandlungsbereitschaft in der Frage des Grunderwerbs.

Unbegründete Ängste

Die Ängste beider Seiten sieht Polens Außenminister Wladyslaw Bartoszewski unbegründet. Einerseits brauche Westeuropa die Konkurrenz durch polnische ArbeitnehmerInnen nicht zu fürchten: Es gebe keine logische Begründung dafür, dass hunderttausende Polinnen und Polen bereit sind, umzusiedeln. Andererseits werden auch nicht sämtliche polnische Grundstücke in den Besitz von AusländerInnen übergehen.