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Gründervater und Friedenstaube

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Tel Aviv - Mit Abba Eban, den langjährigen israelischen Außenminister und UNO-Botschafter, der Sonntag- abend im Alter von 87 Jahren in der Nähe von Tel Aviv gestorben ist, verliert Israel einen seiner letzten Gründungsväter, der zeitlebens als Friedenstaube innerhalb der Arbeiterpartei galt und international weit größeres Ansehen genoss als in seiner Heimat selbst.


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Der am 2. Februar 1915 als Aubrey Solomon Meir in Kapstadt geborene Eban war nach dem frühen Tod seines Vaters und der neuen Eheschließung seiner Mutter Alida Sachs-Eban, die als Sekretärin für Israels späteren ersten Präsidenten Chaim Weizmann arbeitete, nach Großbritannien übersiedelt. Er wurde von seinem Stiefvater Dr. Isaac Eban adoptiert und studierte an der Universität Cambridge orientalische Sprachen. Von 1938 bis 1940 war er selbst Lektor für Arabisch und trat dann in den Dienst der britischen Armee, wo er zunächst in Kairo stationiert war, wo er seine Frau Susan Ambache kennenlernte, die er 1945 heiratete, und später dann in Jerusalem.

1945 bekam er von der britischen Labour-Party das Angebot, für einen Parlamentssitz zu kandidieren, entschied sich jedoch für die Arbeit bei der Jewish Agency, als deren Vertreter in den USA er die UNO-Resolution über die Teilung Palästinas vorbereiten half. Nach der Gründung des Staates Israel wurde er 1948 Botschafter seines Landes bei der UNO und 1950 auch in den USA. Diese beiden Ämter brachten ihm den von Chaim Weizmann geprägten Beinamen "Stimme Israels" ein.

1959 kehrte Eban nach Israel zurück, in der Hoffnung, in der neuen Regierung das Amt des Außenministers zu übernehmen. Er wurde als Abgeordneter in die Knesset gewählt, doch Amtsinhaberin Golda Meir blieb weiter Außenministerin und Eban musste sich mit dem Erziehungsministerium zufriedengeben, das er bis 1963 bekleidete. Unter Premier Levi Eschkol war Eban von 1963 bis 1966 stellvertretender Regierungschef. Am 12. Jänner 1966 übernahm er schließlich das Außenministerium, das er bis 1974 leitete. In seine Amtszeit fielen der Sechstagekrieg 1967 und der Jom-Kippur-Krieg 1973. Abba Eban, der als Vertreter der Friedensfraktion in der Arbeiterpartei galt, hatte 1967 bis zuletzt einer Verhandlungslösung vor der bewaffneten Auseinandersetzung den Vorzug gegeben und war unmittelbar vor Kriegsausbruch nach Paris, London und Washington gereist, um alle diplomatischen Mittel auszuschöpfen.

Eban, der zehn Sprachen beherrschte, vertrat auch nach den Kriegen die Meinung, dass Israel seine Grenzen nicht ausdehnen und über die Palästinneser herrschen sollte. Er führte die Delegation an, die sich in Genf zu Friedensverhandlungen mit arabischen Vertretern traf. Arafats Weigerung, die Friedensvereinbarungen von Camp David im Jahr 1978 anzuerkennen, kommentierte der redegewandte Eban mit einem Ausspruch, der berühmt werden sollte: "Arafat versäumt keine Gelegenheit, eine Gelegenheit zu versäumen."

Er selbst hatte das Außenministerium 1974 abgegeben, als Jitzhak Rabin Golda Meir als Regierungschef gefolgt war. Abba Eban, der im parteiinternen Machtkampf in der israelischen Arbeiterpartei auf Seiten von Shimon Peres stand, konnte nicht mit Rabin. Noch 1984 lehnte er ein Ministeramt in der Regierung der Nationalen Einheit ab und ebenso das Amt des Knesset-Präsidenten. 1988 zog er sich nach persönlichen Angriffen im Zentralkomitee der Partei ganz aus der aktiven Politik zurück und widmete sich vollständig seiner Arbeit als Schriftsteller und Historiker. Abba Eban hinterläßt seine Frau Susan und einen Sohn und eine Tochter.