WKO ruft nach Crowdfunding: Österreich könnte Vorreiterrolle übernehmen.
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Wien. "Ohne Geld ka Musi", heißt es auf gut Österreichisch. Das gilt vor allem für Leute, die als Firmengründer losstarten wollen, bei den Banken aber mangels Sicherheiten nur schwer an Kredite herankommen. Oft bleibt die Umsetzung einer Geschäftsidee deshalb auf der Strecke und verhindert Unternehmertum - zum Nachteil der heimischen Wirtschaft.
Offenkundig sind das die Schattenseiten einer schärferen Regulierung der Banken. Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl: "Basel II und Basel III schlagen natürlich zurück. Irgendwo leuchtet bei den Banken ein rotes Licht auf - und dann heißt’s Vorsicht."
Leitl und mit ihm die "Junge Wirtschaft", eine Teilorganisation in der Wirtschaftskammer (WKO), rufen daher laut nach einem rechtlichen Rahmen für alternative Finanzierungsformen. Vor allem in Crowdfunding (Schwarmfinanzierung) sehen die Interessenvertreter viel Potenzial. Angehende Unternehmer und bereits bestehende Klein- und Mittelbetriebe könnten so das nötige Geld für ihre Investitionen bei Privatpersonen auftreiben - unabhängig von Banken.
Crowdfunding gibt es seit etwa zehn Jahren. In Europa und damit auch in Österreich steht diese Finanzierungsart, bei der eine Vielzahl von Bürgern mit Klein- und Kleinstbeträgen Kredite zur Verfügung stellt, rechtlich jedoch auf sehr wackeligen Beinen.
"Präzedenzfall" Staudinger
Dass die "Holzbrücke hier morsch ist, wie der Chef der "Jungen Wirtschaft", Markus Roth, betont, hat unter anderen der niederösterreichische Schuhfabrikant Heinrich Staudinger deutlich zu spüren bekommen. Er hat die Finanzmarktaufsicht (FMA) am Hals, die ihm vorwirft, dass er "Bankgeschäfte" betreibt, ohne die Lizenz dafür zu haben. Gegen einen Strafbescheid der Behörde hat Staudinger am vergangenen Freitag Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof eingebracht.
In der Öffentlichkeit sorgt der Fall seit Monaten für Aufsehen - und für Debatten über Crowdfunding. Dass der Waldviertler Rebell seine Sache mit Zähnen und Klauen verteidigt, begrüßt man in der "Jungen Wirtschaft". Roth: "Diese Geschichte gibt uns eine Bühne, wir können Österreich durch diesen Präzedenzfall reformieren."
Für die Politik sollen nun von einer Expertengruppe in der WKO - mit Staudinger an Bord - konkrete Vorschläge für die Legalisierung von Crowdfunding erarbeitet werden. Ihre erste Sitzung hat die Gruppe am kommenden Dienstag. Geplant ist, dem Gesetzgeber noch vor dem Sommer ein "Strategiepapier" zu übergeben.
Österreich hätte hier die Chance, in Europa die Vorreiterrolle bei Crowdfunding zu übernehmen, so Roth am Mittwoch in einer Pressekonferenz der WKO. Ist dafür einmal das rechtliche Fundament gelegt und kommt auch noch die GmbH "light" (geringeres Stammkapital) in unverwässerter Form, "werden wir bei Unternehmensneugründungen künftig eine große Überraschung erleben".
Als Jobmotor sind neue Firmen jedenfalls ungemein wichtig. 2012 gab es "nur" 27.194 Neugründungen. Das war der niedrigste Wert seit 2003 (siehe Grafik).